NHL Observer

Wie viel darf man sich als Funktionär von den Fans im Trash Talk gefallen lassen? Soll man, egal welche Wortwahl bei den Beschimpfungen gewählt wird, souverän bleiben und vor allem sich nicht auf ein tiefes Niveau begeben? Darüber wurde heiss diskutiert, nachdem sich Kyle Dubas, GM der Toronto Maple Leafs, in der ersten Playoffrunde mit einigen „Bolts“-Fans in der Amalie Arena von Tampa Bay ein irres Wortgefecht lieferte.

Kyle Dubas stand in der ersten Playoff-Runde gegen die Tampa Bay Lightning unter einem immensen Erfolgsdruck. Elfmal in Folge scheiterten die Toronto Maple Leafs in der ersten Playoff-Runde. Sein Job war „on the line“, wie man im nordamerikanischen Jargon sagt. Kein Wunder war seine Zündschnur kurz, als er sich in der Amalie Arena den Provokationen der „Bolts“-Fans stellen musste. Die Worte, die danach fielen, schmeicheln dem jungen General Manager der Leafs nicht. Er wurde hart kritisiert, dass es einem General Manager nicht anstehe, sich unter ein bestimmtes Niveau zu begeben. Dabei sei es egal, wer mit dem Trash Talk anfing und mit welchen Worten dieser von den Fans geführt wurde. Es ging schliesslich um Dubas' Wortwahl: Ein Fan hatte eine Audio-Aufnahme den Medien zugespielt, auf welcher zu hören ist, wie Dubas den Fans zurief, man solle sich „verpissen“ („you should f... off“). Lippenleser haben zudem noch weitere Beschimpfungen von Dubas publiziert.

Kritik und Verständnis

Aber es gab auch von einigen Seiten ein gewisses Verständnis für den Leafs-GM. Dieser sei ja zuerst provoziert worden (mit welchen Beleidigungen auch immer), nicht von sich aus so ausgerastet und nicht ohne Grund ausfällig geworden. Ausserdem relativieren manche Medienschaffende und NHL-Fachleute sein Verhalten auch mit der Drucksituation, in welcher Dubas sich befand. Es seien ja nicht nur die Coaches und manche Spieler, die in den Playoffs unter Strom stünden und um ihren Job zittern. Auch die General Manager – zum Zuschauen verdammt und machtlos - verspüren den starken Erfolgsdruck. Denn schliesslich waren sie verantwortlich für die Zusammenstellung des Kaders und nun schlage die Stunde der Wahrheit. Details entscheiden in den Playoffs, ob die Arbeit des General Managers als erfolgreich oder eben nicht beurteilt wird..

Auch General Manager wie Ken Holland (Oilers) oder Brian Murray (damals Ducks), die eigentlich als eher besonnene Zeitgenossen gelten, haben solche Situationen erlebt. Viel öfter kommt es jedoch vor, dass die Coaches in solche Situationen involviert werden. Der berühmteste Fall war wohl jener zwischen Don Cherry (Chefcoach Boston Bruins), als er in der entscheidenden Phase im Game 7 der Playoff-Halbfinals 1979 im Forum de Montréal die Fans der Canadiens nach dem legendären „too many men“-Call der Schiedsrichter mit seiner berühmt gewordenen Geste (ausgebreitete Arme und Nicken) zum Trash Talk aufforderte.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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