NHL Observer

Gary Bettman hat erneut einen Mega-Deal an Land gezogen, der alle Erwartungen übertrifft.

Gewiss, bei den Fans ist NHL-Commissioner Gary Bettman nicht sonderlich hoch im Kurs. Seine Beliebtheit ist überschaubar, denn er gilt in erster Linie als „Commissioner der Owner“, für welche er in vielerlei sportpolitischen und unternehmerischen Aspekten regelmässig das Optimum heraus holt. Und manchmal sogar mehr als das. Bei den Fans, die ihn bei jedem seiner offiziellen Auftritte in den Arenen ausbuhen, vermittelt er eher die Aura eines typischen marketingorientierten US-Geschäftsmannes, der nicht immer nahbar erscheint. In Kanada nimmt man ihm übel, dass er seit Jahrzehnten vor allem die neuen US-Märkte für die NHL Expansion zu bevorzugen scheint. Auch ist er ja in den Verhandlungen zu den Rahmenverträgen der Gegenpart der Spielergewerkschaft, was ihn zuweilen auch bei den Spielern – also bei den Idolen der Fans – zum Feindbild werden lässt. Was man ihm aber immer lassen muss: Er holt nicht nur für die Clubeigner das Optimum heraus, sondern generell für die ganze Marke NHL, für den Ligabetrieb und schlussendlich auch für die Spieler. Und somit indirekt auch für die Fans - zum Beispiel mit einer noch besseren medialen Abdeckung und starken Medienpartnern.

Meisterhaft perspektivisch ausgehandelt in einer schwierigen Zeit

Und da sind wir gleich beim Thema: Mit dem neuen TV-Deal mit Turner Sports hat Gary Bettman einmal mehr an seinem Vermächtnis gebastelt und untermauert, warum er wohl als erfolgreichster Commissioner der NHL-Geschichte gelten wird. Starke und vor allem wirksame Medienpartnerschaften mit starker Media- und Marketingwirkung sowohl im Bereich der Reichweite als auch der Vermarktung waren schon immer eine Spezialität des ehemaligen New Yorker Anwalts. Bevor er als Commissioner der NHL berufen wurde, hatte er bereits für die NBA exzellente Rahmenabkommen und Medienpartnerschaften ausgehandelt. Nun holte er hier zum grossen Wurf aus. Und dies ausgerechnet während der Covid-Pandemie: Nach fast zwei Jahrzehnten der TV- und Online-Partnerschaft mit NBC hat er nun mit Turner Sports (Bestandteil der Warner Media News & Sports) und ESPN eine noch idealere Kombo für den US-Markt gefunden.

NBC war ein sehr wichtiger Partner für die TV Reichweitengenerierung beim erweiterten Zielpublikum in den USA. Nun soll der nächste Schritt in Richtung Synergien und Effizienzgewinnung gemacht werden, indem man die Stärken von ESPN als Haupt-Medienpartner („Paket A“) und Turner Sports als strategisch-synergetischer Partner („Paket B“) bündelt. Im Fokus stehen folgende Mehrwerte: ESPN hat bereits eine NHL-Kernzielgruppe generiert und die NHL soll nun mit den innovativen Produktionen und Medialeistungen von Turner Sports weitere Zielgruppen erschliessen können. Die beiden Medienunternehmen sollen sich also bestmöglich durch ihre Kompetenzfelder ergänzen und sowohl der Marke NHL als auch den Fans mehr Sichtbarkeit (und Unterhaltungswert) für und in einer oder mehreren noch breiteren und vor allem neuen Anspruchsgruppe(n) geben. Turner Sports ist nämlich vor allem stark und innovativ in der Machart ihrer Online-und Streaming-Produktionen. Zum Beispiel ist die Zusammenarbeit mit Bleacher Report ein Gewinn. Man denkt bei Turner gerne „out of the box“ und versucht immer wieder interessante TV-Formate und Konzepte. Dieses Knowhow könnte für die NHL in Bezug auf die Zielgruppengewinnung bei der sowohl für das Medienunternehmen als auch für die NHL wichtigen Generation Z (10-25jährige) ein entscheidender Faktor sein. Aber auch Turner Sports sieht Chancen, in einen bezüglich Eishockeys - im Gegensatz zu Kanada - nicht so stark gesättigten US Sport-Markt (ganz) Fuss zu fassen. Das betonte auch Turner-CEO Jeff Zucker. ESPN-Boss Jimmy Pitaro seinerseits sagte, dass die NHL seit 2005 im Verhältnis zu den anderen grossen Major-Ligen bei den 18- bis 48j-ährigen den grössten prozentualen Zuwachs an Zuschauerinnen und Zuschauern hatte (30 Prozent).

Das Media-Paket ähnelt stark jenem, welches die NBA seit vielen Jahren erfolgreich schnürt. Und nicht zuletzt spielen natürlich auch finanzielle Aspekte eine grosse Rolle: Der Turner Sports-Deal bringt rund 1,6 Milliarden Dollar aus den total 4,4 Milliarden (mit den 2,8 Mia. von ESPN, aufgeteilt in sieben Jahre) ein. Dafür bekommt Turner Sports die TV- und Streaming-Rechte für drei Stanley Cup-Finals zwischen 2021/22 und 2027/28 sowie in allen sieben Saisons die Rechte für die Hälfte aller Playoffspiele und für die NHL Winter Classic. ESPN indessen ist Eigentümerin des A-Pakets mit vier Stanley Ccup-Final-Abdeckungen, der Erstwahl für die Übertragungen bei den Conference Finals (jedes Jahr) und weitere Vermarktungs- und Marketingvorteile im so genannten Out of Market-Streaming.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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Was passiert hinter den Kulissen der NHL und was steckt hinter den Geschichten, die uns bewegen? NHL Insider Joël Ch. Wuethrich öffnet für SHN sein NHL Netzwerk.