Gazzetta dell'Ambrì

Wichtiger Hinweis: Der Artikel wurde vor der Saison als Vorschau in der September-Ausgabe der Gazzetta dell’Ambrì publiziert. Daher ist im Nachhinein nicht alles zu 100% korrekt, bietet aber retrospektiv sehr spannende Ansätze, welche Gedanken vor der Saison dominierten.

Es war Anfang Juni dieses Jahres. Mit ein paar Vorstandskollegen stand ich auf der Baustelle der neuen Valascia. Es war schwer zu übersehen, dass hier noch einiges an Arbeit bevorstand. Unweigerlich stellten wir uns die Frage, ob hier am 11. September tatsächlich Eishockey gespielt werden kann. Aber dieser Gedanke beschäftigte mich nur kurz. Zu emotional war dieser Augenblick. Zum ersten Mal stand ich mitten in unserem neuen Zuhause. Auf der zweiten Ebene im neuen Stadion sah ich durch die hohen und schmalen Fenster zur alten Valascia. Jeder von uns hat schon solche Momente erlebt, wo es einem gleichzeitig zum Lachen und Weinen zumute war. Das war so ein Moment. Trotz aller Wehmut sollten wir aber definitiv fröhlich sein. Die Nuova Valascia steht sinnbildlich für die Weiterführung dieser wunderbaren Geschichte. Unser HCAP schreibt, allen Widrigkeiten zum Trotz, ein neues Kapitel. Es ist ein kleines Wunder. Etwas treffenderes fällt mir dazu beim besten Willen nicht ein.

«Neues» Team, neues Glück?

In der Saison 2021/22 wird nicht nur das Stadion neu sein, sondern auch unsere Squadra hat ein stark verändertes Gesicht. Gut ein Drittel der Mannschaft wurde ersetzt. Vor allem in der Offensive blieb kaum ein Stein auf dem anderen. Die ersten beiden Sturmreihen werden wahrscheinlich von fünf Neuzugängen besetzt. Lediglich Dominic Zwerger blieb übrig. Aufgrund der langwierigen Verletzungsgeschichte von Matt D’Agostini wird Paolo Duca auch noch einen zusätzlichen ausländischen Stürmer verpflichten. Damit wird der HCAP mit vier Ausländern in die neue Saison gehen. Drei von ihnen werden im Sturm auflaufen. Mit André Heim, Inti Pestoni und Dario Bürgler kommen noch drei prominente Offensivkräfte neu hinzu. Trotz den gewichtigen Abgängen von Marco Müller und Julius Nättinen sollte unter dem Strich mehr Feuerkraft vorhanden sein. Dies ist auch nötig, erzielte die Squadra doch letzte Saison gerade mal gut zwei Tore pro Spiel.

Finnische Verstärkung in der Defensive

Paolo Duca entschied sich dafür, die defensive Abteilung wieder mit einem ausländischen Verteidiger zu verstärken - eine gute und nachvollziehbare Entscheidung. Juuso Hietanen wird die Defensive stabilisieren und ermöglicht Luca Cereda weitere Optionen im Powerplay. Während der Vorbereitung wurde auch Neuzugang Yanik Burren in den Special-Teams eingesetzt. Der junge Berner hat grosses Potential und wird in seinem neuen Team viel Verantwortung erhalten. Mit diesen beiden Neuverpflichtungen erhoffen wir uns auch in der Defensive Vorteile gegenüber der letzten Saison.

Realistische Ziele trotz Stadion-Euphorie

Auf dem Papier scheint die Mannschaft geschickt verstärkt. Aber was bedeutet das für die kommende Saison? Was dürfen die Fans erwarten? Sicherlich darf man auf eine Steigerung im Vergleich zur letzten Spielzeit hoffen. Das wäre realistischerweise ein Pre-Playoff-Platz. Das klingt vielleicht in manchen Ohren nicht sehr euphorisch, aber es ist die Realität. Für das Erreichen eines Pre-Playoff-Platz müsste Ambrì drei Mannschaften hinter sich lassen. Kein einfaches Unterfangen in dieser starken Liga, aber machbar.

Natürlich hofft der Klub mit der Nuova Valascia auf neuen Rückenwind und eine Euphoriewelle. Bereits über 4‘000 Saisonkarten sind verkauft. Der HCAP lebt und bewegt. Trotzdem muss man realistisch bleiben. Das neue Stadion wird keine Tore schiessen (ok dafür leg ich zwei Franken ins Phrasenschwein...).

Weiterhin kleine Brötchen backen

Die Leventiner arbeiten neben Ajoie mit den tiefsten Lohnkosten und haben Bundesgelder beantragt. Dies bedeutet, dass die Biancoblù in Zukunft noch mehr Lohnkosten einsparen müssen. Somit wird sich an der schwierigen Ausgangslage auch in Zukunft nicht viel ändern. Ebenfalls nichts ändern wird sich an der Tatsache, dass die Leventiner starke Ausländer benötigen, um in dieser Liga eine gute Rolle zu spielen. Die einen oder anderen kritischen Stimmen waren schon zu hören. Die neuen Hoffnungsträger befinden sich im Herbst (Brandon Kozun) oder gar im Spätherbst (Peter Regin und Juuso Hietanen) ihrer Karrieren. Bekanntlich ist es jedoch nicht entscheidend, wie alt, sondern wie gut, ein Spieler ist. All diese Spieler haben viele Erfahrungen in den besten Ligen der Welt gesammelt und verfügen über unbestrittene Leaderqualitäten. Sie sollen auch mithelfen unsere jungen Spieler einen Schritt weiterzubringen. Hoffen wir, dass Duca mit seiner Wahl ein gutes Händchen hatte.

Mit Tempo zum Erfolg

An der Spielphilosophie von Ambrì wird sich nicht viel ändern. Trainer Cereda will Füsse sehen, die ständig in Bewegung sind. Er setzt auf Tempospiel, bei welchem die Jungs mutig angreifen und dem Gegner wenig Luft geben. Geschwindigkeit ist der Schlüssel zum Erfolg, so Cereda. Die Nordtessiner werden sich wieder jeden Punkt hart erarbeiten müssen.

Vorbereitung mit vielen Absenzen

In den bisherigen Vorbereitungsspielen hat unsere Squadra ihre Konkurrenz nicht gerade in Angst und Schrecken versetzt. Nach den ersten Testspielen ist eine Einschätzung jedoch auch sehr schwierig. Insbesondere in der Offensive konnten die Leventiner nie in Bestbesetzung antreten. Der neue dänische Nationalspieler Peter Regin sowie Dominic Zwerger und Diego Kostner fehlten einen wesentlichen Teil der Vorbereitung. Sie kämpften mit ihren Nationalteams um die Olympia-Qualifikation. Zudem wurde auch Inti Pestoni verletzungsbedingt wenig eingesetzt und der Ersatzausländer war bis Redaktionsschluss auch noch nicht verpflichtet. Das sind nicht gerade gute Voraussetzungen, um die Angriffsmaschinerie zu ölen oder Powerplay zu trainieren. Da wird es noch ein paar Spiele brauchen, bis die Automatismen greifen werden.

Ambrì lebt!

Gut möglich, dass es auch in der Nuova Valascia etwas dauern wird, bis alles so funktioniert, wie wir uns das vielleicht wünschen. Ambrì bleibt Ambrì, trotz neuem Stadion. Das ist keine durch und durch perfekte Organisation mit unbeschränkten Mitteln. Es ist der Dorfklub aus der Leventina mit all seinen Ecken und Kanten, welcher sich auch nach 84 Jahren immer noch den Grossen und Mächtigen entgegenstellt. Die neu erstellte „Festung“ steht für den ungebrochenen Widerstand. Dies alles ist nur möglich dank der grossen Leidenschaft aller HCAP-Anhänger. Ambri lebt! La storia continua! Sei ein Teil davon. AMBRI E BASTA!

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Ausgewählte Beiträge aus dem deutschsprachigen HCAP Fanmagazin, welches jeweils viermal pro Jahr als Printheft erscheint.