Wenn vermeintliche Underdogs und Verschmähte es „allen anderen mal so richtig zeigen“ ist ihnen die Sympathie in der gesamten Community gewiss. So ist es auch bei Sportlerinnen und Sportlern, die ursprünglich mal „gewogen und für zu leicht befunden“ wurden. Jonathan Marchessault war so einer, den man zunächst verschmähte - und zwar in vielerlei Hinsicht.
Resilienz wird belohnt!
Erstens wurde der nicht einmal 1,80 Meter (1,75 Meter) „grosse“ Jonathan Marchessault bei den Drafts in den 2010er-Jahren nicht berücksichtigt. Besonders seine Körpergrösse wurde als nicht NHL-tauglich erachtet. So kämpfte er sich über die QMJHL (Québec Remparts) und sechs langen Saisons in der AHL (Connecticut, Springfield, Syracuse) in die NHL. So wie einst Martin St. Louis überzeugte er mit viel Durchhaltewillen und läuferisch-spielerischen Eigenschaften zunächst in Tampa 2015/16 und danach in Florida 2016/17, wo er 51 Skorerpunkte sammelte und sich so in der NHL etablierte. Ja, ausgerechnet die Panthers waren es damals, die ihren späteren Stanley-Cup-Final-Bezwinger 2017 nicht protegierten, als der Expansion Draft mit den Las Vegas Golden Knights anstand. Vegas' damaliger GM George McPhee ergriff die Gelegenheit und holte sich den mittlerweile vierfachen Familienvater ins Team. Dies erwies sich als Homerun sondergleichen: Der jetzt 32-Jährige aus Cap Rouge aus der Belle Provence (Bezeichnung für die Provinz Québec) ist nämlich nicht nur eishockeytechnisch ein Vorbild und Teamplayer, sondern gefällt auch mit seiner Persönlichkeit. In den folgenden Jahren etablierte er sich als einer der besten Skorer der Knights und zeigte Leadership-Qualitäten. Zudem hat er teamintern auch ein hohes Ansehen, weil er einer der „Original Six“ der Franchise ist. Wenn ein aktueller NHL-Star als Beispiel für Resilienz herhalten darf, dann mit Sicherheit Jonathan Marchessault.
Der Stolz der Belle Province
Dass ausgerechnet „JAM“ (einer seiner Nicknames) zum Conn-Smythe-Sieger 2023 wird, übrigens als erster ungedrafteter Spieler seit Wayne Gretzky (1988), konnte man nach der ersten Playoff-Runde nicht absehen. Sein Start in die Playoffs verlief harzig und er skorte erst ab der zweiten Runde regelmässig. Dann aber auch in entscheidenden Momenten. Drei seiner 12 Tore (25 Playoff-Punkte insgesamt) erzielte er in spielentscheidenden Momenten und viele Tore und Assists haben das Momentum in wichtigen Partien beeinflusst. Auch seine Spielweise und Hartnäckigkeit im Zweikampf ging den Gegnern unter die Haut.
Ein weiterer Fun Fact: Obwohl in den letzten 30 Jahren kein in Kanada stationiertes Team den Stanley Cup gewann, so waren es doch meistens Kanadier (elf Mal in den letzten 20 Jahren), die sich als Sieger der Conn Smythe Trophy krönen lassen durften. Mit Jon Marchessault ist erneut ein Kanadier Playoff-MVP und zwar erstmals seit 2003 (Jean-Sébastien Giguère) wieder einer aus der eishockeyverrückten Provinz Québec, die vor 2003 regelmässig die Conn-Smythe-Sieger stellten. Auch so schliesst sich wieder der Kreis.