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Die Hudson River Rivalry ist – aufgrund der intensiven Playoff-Historie und der grossen Rivalität zwischen den Fanlagern – das wohl mit der grössten Spannung erwartete Playoff-Duell der ersten Runde 2023. Nicht nur, dass es ein im geografischen Kontext klassisches Derby zwischen zwei unmittelbaren Nachbarn ist. Das Duell birgt auch viel Zündstoff und ist sportlich hochstehend.

Die grossen Rivalitäten im Eishockey entwickeln sich über Tradition und unvergessene Playoff-Duelle, die einen sportlich wie auch emotional bleibenden Eindruck hinterliessen. Das ist auch beim Duell der New Jersey Devils und New York Rangers so. Die Rivalität nährt sich bei diesem Derby aber auch durch die gegenseitige Abneigung zwischen den Fanlagern. In den Rencontres zwischen diesen beiden Mannschaften ist die Stimmung auf den Rängen immer elektrisierend.

Rivalität wird auch von den Fans kultiviert

Die Rangers-Fans werden von den Devils als „grossstädtisch arrogant“ angesehen. Man kultiviert die Rolle als Underdog, der die Grossen immer wieder ärgert. Am liebsten natürlich die Rangers aus dem mondänen Manhattan. Währenddessen die Blueshirts-Fans das Team aus dem benachbarten Bundesstaat nach wie vor als Retorten-Club mit kleiner Fanbasis betrachten. Dies hat auch mit der vormaligen Heimspiel-Wirkungsstätte, der verhassten Meadowlands Arena zu tun, das lange im Kontrast stand zum geschichtsträchtigen Madison Square Garden. Noch in starker Erinnerung bleiben die unterschiedlichen Emotionen bei den Stanley-Cup-Feierlichkeiten 1994 in Manhattan/New York im Vergleich zu jenen der Devils 1995. Aber: Seitdem hat sich vieles verändert. Dass die New Jersey Devils nach ihrem 40-jährigen Bestehen seit Mitte der 90er Jahre eine starke Tradition und gute Fanbasis aufgebaut haben, hat massgeblich mit dem Umzug ins Prudential Center Newark zu tun.

In bleibender Erinnerung: Die Conference Finals 1994

Auch wenn die Devils in den letzten drei Playoff-Duellen deren zwei gewannen, so ist eine Serie, jene von 1994, in besonderer Erinnerung geblieben. Es war das Jahr, in welchem Mark Messier die Rangers zum Titel führte. Die Blueshirts-Startruppe zeigte eine starke Saison und überstand die ersten beiden Playoff-Runden gegen die Crosstown-Rivalen aus Long Island und Washington relativ locker. Die Devils mussten sich indessen gegen Buffalo und Boston jeweils in Spiel 7 durchsetzen. Das Conference Finale versprach also grosses Kino. Und sowohl sportlich wie auch emotional konnte die Serie alle Erwartungen erfüllen. Mit zwei Siegen der Rangers in doppelter Overtime inklusive. Besonders dramatisch wurde Game 7: Devils-Stürmer Valeri Zelepukin glich 7,7 Sekunden vor Schluss zum 1:1 aus. Es war dann Stephane Matteau, der in dieser Serie bereits schon in Spiel 3 in der doppelten Overtime traf, vorbehalten, den Weg ins Stanley-Cup-Finale zu ebnen.

Playoff-Euphorie auch bei uns?

Aber: Nicht nur in der Metropolregion New York herrscht eine hohe Erwartungshaltung an dieses Playoff-Derby. Auch in der Schweizer Eishockey Community fiebert man diesem Duell entgegen. Denn die New Jersey Devils sind das neue Lieblingsteam der Schweizer Eishockeyfans und haben die Nashville Predators – einst auch mit drei Schweizern im Team – gewissermassen abgelöst. Der Grund ist naheliegend: Mit Nico Hischier, Jonas Siegenthaler, Timo Meier und Backup-Goalie Akira Schmid stehen vier Schweizer bei den „Teuflischen“ unter Vertrag.

Kann Hischier zeigen, dass er ein Playoff-Spieler ist?

Nico Hischier wurde 2017 als erster Schweizer Nummer-Eins-Draftpick overall von den New Jersey Devils vor Nolan Patrick und Miro Heiskanen ausgewählt. Devils-GM Tom Fitzgerald, damals Stellvertreter von Ray Shero: "Wir wollten unser Team auf der Center-Position aufbauen. Zwei Jahre später hatten wir das Glück Jack Hughes zu wählen.“ Es sei gewesen wie 2007, als er im Front Office der Pittsburgh Penguins gearbeitet hatte und Sidney Crosby sowie Evgeni Malkin gedraftet wurden. Nico Hischier sei – so Fitzgerald - ein potentieller Kandidat für die Selke Trophy und könne jetzt in seinen zweiten Playoffs zeigen, dass er auch in der Post Season dominieren kann.

Timo - der „Missing Link“

Jonas Siegenthaler indessen ist einer der meist unterschätzten Defensivspieler der Liga. Seine Werte in den Advanced Stats sind hervorragend und er gibt der Defensive zusätzlich Reife, Stabilität und auch Offensivwirkung. Besonders gespannt darf man natürlich sein auf den vor der Trade Deadline verpflichteten Timo Meier: Mit seinem herausragenden Direktschuss aus der Halbdistanz kann er DER „missing link“ sein für eine erfolgreiche Playoff-Kampagne. 2018 stand man letztmals in den Playoffs – in Hischiers erster NHL-Saison. Die Devils waren aber chancenlos mit den damals noch unerfahrenen jungen Teamleadern im Kader. Auch fehlte es an der Physis. Diese ist nunmehr da, die Leistungsträger sind gereift und mit Spielern wie Timo Meier ist die Torgefahr und die physische Komponente vorhanden.

Euphorie auch in der jüdischen Community von New York

Ebenfalls eine interessante Sidestory: In der New Yorker Metropolregion befindet sich die nach Israel grösste jüdische Community. Auch hier herrscht eine gewisse Eishockey-Euphorie. Denn bei diesem Playoff-Duell treffen Adam Fox von den New York Rangers und Jack Hughes von den New Jersey Devils aufeinander. Adam Fox, der bereits 2021 als bester Verteidiger der Saison die Norris Trophy gewann, trifft hier auf den Spieler, der in dieser Saison alle Fans verzauberte. Jack Hughes übertraf schon vor Saisonende den bisherigen Teamrekord von 97 Skorerpunkten, den Patrick Elias vor 22 Jahren für New Jersey erzielte.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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Was passiert hinter den Kulissen der NHL und was steckt hinter den Geschichten, die uns bewegen? NHL Insider Joël Ch. Wuethrich öffnet für SHN sein NHL Netzwerk.