NHL Observer

„Big Z“, ein „Ironman“ und der „Subbanator“ sagen Goodbye NHL: Keith Yandle, Zdeno Chara und P.K. Subban – jeder dieser drei NHL-Legenden hat auf seine Weise irgendwie in der NHL seinen eigenen Fussabdruck hinterlassen. Besonders aber bei P.K. Subban werden nicht die sportlichen Erfolge und seine gesellschaftliche Wirkung im Gedächtnis haften bleiben. Zu Unrecht.

Der fast gleichzeitig erfolgte Rücktritt von der NHL-Bühne von Zdeno Chara und P.K. Subban erzeugte bei der NHL-Fangemeinschaft viele Emotionen und erzeugte starke Emotionen. Kein Wunder, werden doch bei diesen beiden Spielern viele spannende, emotionsgeladene Playoff-Schlachten in Erinnerung gerufen und beide waren auf ihre eigene Art Ikonen der NHL in der Neuzeit. Etwas weniger prominent begleitet in der NHL-Community wurde der Rücktritt einer anderen Ikone der letzten zwei NHL-Jahrzehnte - nicht aber bei den Fachleuten: Denn auch Keith Yandle – etwas weniger extrovertiert und auffällig als Chara und vor allem Subban – war ein Ausnahmespieler und der Inbegriff eines NHL-Ironman mit 989 aufeinanderfolgenden NHL-Spielen ohne Unterbruch. Das ist ein bemerkenswerter Rekord in einer Liga, wo jederzeit die Verletzungshexe zuschlagen kann und man eine grosse mentale wie auch körperliche Resilienz beweisen muss. Keith Yandle, mittlerweile 36 Jahre alt, war in seinen 16 NHL-Spielzeiten ein Meister bezüglich Spielintelligenz und Stellungsspiel und besonders im Bereich der ökonomischen Spielweise. Nur so kam der Powerplay-Spezialist von der blauen Linie überhaupt auf diesen stolzen Rekord. Diesen stellte Yandle am 25. Januar bei den New York Islanders mit seinem 965. aufeinanderfolgenden Spiel auf. Doug Jarvis hatte zuvor den Rekord gehalten. Keith Yandle ist bekannt dafür, kluge Entscheidungen zu treffen und so war es auch klar, dass er genau wusste, wann es Zeit ist, das „nächste Kapitel in seinem Leben aufzuschlagen“ (Zitat bei der Abschieds-Pressekonferenz).

Die Kultfigur

Zdeno Chara ist da natürlich als eines der Gesichter der Boston Bruins bei den Fans Kult. Der slowakische Riese war mit 2,06 Metern nicht nur einer der grössten Spieler der NHL-Historie, sondern auch – nach Niklas Lidström 2008 mit Detroit - erst der zweite europäische Spieler, der eine Mannschaft als Captain zum Stanley-Cup-Sieg führte (2011). Ebenfalls in den Top Five ist Chara bezüglich Alter beim letzten NHL-Spiel (45 Jahre und 42 Tage). Den Rekord diesbezüglich hält Gordie Howe mit 52 Jahren und elf Tagen. Chara verkörperte zusammen mit Marc Bergeron die „Bruins-Mentalität“ und ausserdem sehr polyglott: Der Slowake spricht neben seiner Muttersprache Slowakisch auch noch Tschechisch, Polnisch, Russisch, Deutsch, Schwedisch und Englisch. In Erinnerung bleiben bei „Big Z“ grosse Playoff-Partien und viele umkämpfte Duelle, bei welchen er dazu beitrug, dass er zuweilen auch polarisierte. Besonders die Duelle gegen die Canadiens de Montréal waren immer wieder Highlights und manchmal sogar episch.

Supertalent, Exzentriker und Wohltäter

Da traf er auf einen anderen, der bei den gegnerischen Fans polarisierte, aber beim eigenen Anhang Kultstatus genoss: P.K. Subban – auch ein Offensivverteidiger mit einem ganz eigenen Image, das zu einer Marke wurde. „Suby“ war nicht nur spielerisch und läuferisch der Gegenentwurf Charas, sondern ernährte sich geradezu von den Emotionen der eigenen und gegnerischen Fans und Spielern. Der Meister der Umsetzung aller Einflüsse in positive Emotionen war König der Selbstdarstellung und Imagepflege. Die Fans liebten ihren Star. Und er zahlte es ihnen auch zurück in Form von Leistung, Show und Präsenz bei der Community-Arbeit. Einen Mega-Coup landete P.K alias Pernell Karl. 10 Millionen kanadische Dollar spendete er 2015 dem städtischen Kinderspital. Das ist die bisher grösste Einzelspende, die jemals in Kanada publik wurde. „Oft bedeutet die Betreuung eines kranken Kindes, dass die Eltern ihre Arbeit aufgeben müssen. Diese Leute verdienen die Unterstützung mehr als alle anderen“, sagte Subban. Die Vorhalle des Kinderspitals trägt den Namen «Atrium P.K. Subban».

Authentizität als Schlüssel zum Erfolg

Tatsache aber ist, dass niemand in Montréal und in der Provinz Québéc überhaupt jemals einen leisen Zweifel an Subbans Absichten hatte, dass diese Spende nicht von Herzen kam. Er schaffte es – egal wo er als Spieler unter Vertrag stand - bei der Community authentisch zu wirken. Das sei, so sagen die Experten in Nordamerika, die allerbeste Voraussetzungen für ein optimales Image mit grossartigen Vermarktungsperspektiven. Es wirke noch besser als Rekorde und Erfolge. Unternehmen standen bei ihm Schlange für eine PR-Zusammenarbeit. Er kultiviert ausserdem sein Image als cooler und nahbarer NHL-Star. P.K. Subban setzte dann noch einen drauf: „Die Spende ist ein Dankeschön in das in mich gesetzte Vertrauen seitens des Klubs und der Stadt. Ich will der Gemeinschaft etwas zurückgeben und fühle mich privilegiert, helfen zu können.“ Gotcha!

Ein Vorbild für die Black Community im Eishockey

Was auch wichtig war: Der Mann mit den karibischen Wurzeln inspirierte viele Eishockeyfans- und -spieler in der „Black Community“. Viele Prominente aus Gesellschaft und Sport werden nicht müde, ihn für seine Arbeit in diesem gesellschaftlichen Bereich zu würdigen. Er habe, so sagen viele, mit seinen klaren Positionen und Aussagen – aber auch als sportliches Vorbild - als Role Model für die Jugendlichen der Gegenwart gewirkt.

Beinahe vergessen werden seine Erfolge

Trotz allem wurde ihm vorgeworfen, mit seiner Selbstvermarktung und Exzentrik in der Kabine und bei den Medien zu viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen zu haben. Es gab aber auch sportliche Erfolge, wenngleich ihm ein Stanley-Cup-Erfolg verwehrt blieb. Der Norris-Trophy-Gewinner 2014 war Schlüsselspieler an mehreren erfolgreichen Playoff-Kampagnen – sei es für Montréal oder später auch bei den Nashville Predators, mit welchen er 2017 den Stanley-Cup-Final erreichte. Und ein Fun Fact zum Abschluss: Subban hatte den exakt gleichen NHL-Karriere-Punkteschnitt (0,56 Scorerpunkte pro Spiel) wie Keith Yandle (Chara erreichte 0,40 Punkte pro Spiel). Auch wenn er schon seit zwei Saisons nicht mehr für die Show-Elemente im NHL-Spielbetrieb sorgte, so kann es nur ein Fazit geben: „The showman leaves the stage – the show must go on.“

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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Was passiert hinter den Kulissen der NHL und was steckt hinter den Geschichten, die uns bewegen? NHL Insider Joël Ch. Wuethrich öffnet für SHN sein NHL Netzwerk.