NHL Observer

Alles redet vor der Trade-Deadlinie von den grossen Namen, die für ein Tauschgeschäft in Frage kommen. Aber es gibt auch wahrhaftige "Bargains“. Das sind jene Komplementärspieler, die ein Team situativ besser machen und die man in eine Mannschaft integrieren kann, ohne dafür im finanziellen Bereich oder auch bezüglich Gegenleistungen die Hosen runterlassen zu müssen.

Jakob Chychrun, J.T. Miller, Jeff Petry, John Klingberg, P.K. Subban, Claude Giroux, Hampus Lindholm, Ben Chiarot, Mark Giordano, Phil Kessel, Andrew Copp oder auch Marc-André Fleury gehören beziehungsweise gehörten zu den begehrtesten Kandidaten für jene Clubs, die den „Missing Link“ für die Playoff-Qualifikation und schliesslich auch für die Playoff-Teilnahme suchen. Aufsehen erregten bereits vor dem grossen Trade-Deadline-Tag am 21. März 2022 die Trades von Ben Chiarot (Montréal) und Claude Giroux (Philadelphia) zu einem der Geheimfavoriten um den Stanley-Cup-Finaleinzug, den Florida Panthers. Auch der Wechsel von Hampus Lindholm von der Ducks zu den Bruins ist ein Scoop.

Aber auch die Jagd nach den so genannten Ergänzungsspielern mit einem besonderen Mehrwert ist eröffnet und genauso spannend. Denn oft sind genau diese Spieler das letzte Puzzlestück zum perfekten Teambuilding. Wer aber sind sie, diese Mehrwertspieler? Zum einen haben sie eine Persönlichkeit (auch als Führungsspieler), eine starke Arbeitsethik und passen in die Systeme der neuen Mannschaft. Oft sind es zudem auch gute Defensivcenter oder -stürmer mit einem gewissen Scoring Touch und somit wichtig für das Secondary Scoring, beziehungsweise Verteidiger, die für die Special Teams hilfreich sind und in den wichtigsten Spielphasen ihren Mann stehen.

Hagel, Jarnkrok & Co. – Echte Steals und Playoff-Bargains

Einer dieser typischen Bargain-Wechsel, wenn auch teuer erkauft, war die Akquisition von Brandon Hagel durch die Tampa Bay Lightning. Chicago erhält dafür die Stürmer Katchouk und Raddysh sowie zwei Conditional-first-round-picks. Kurz- oder vielleicht sogar mittelfristig ist dies ein echter Steal. Auch der Wechsel von Nicolas Deslauriers von Anaheim zu Minnesota macht Sinn, wie auch jener von Frank Vatrano von den Panthers zu den New York Rangers oder auch jener von Tyson Jost nach Minnesota. Bei den Verteidigern wurden vor allem die Chiarot- und Lindholm-Trades gefeiert. Aber jener von Josh Manson von Anaheim nach Colorado wurde bei Fachleuten als intelligenter Bargain-Move gefeiert.

Der vielleicht wohl interessanteste Wechsel kurz vor der Trade-Deadline war jener von Seattle-Kraken-Center Calle Jarnkrok zu den Calgary Flames, einem weiteren möglichen Geheimfavoriten um den Stanley-Cup: Der Schwedische Defensivstürmer wird im Sommer zu einem UFA und repräsentiert mit seinem Jahressalär von rund 2 Mio. USD den klassischen Bargain für jeden Club mit Playoff-Ambitionen. Jarnkrok (30) ist einer für die Kadertiefe, der viel Playoff-Erfahrung mitbringt. Schon Wochen zuvor gelang den Flames ein Coup mit der Verpflichtung von Tyler Toffoli (kam von Montréal). Hier sind weitere Beispiele für solche Bargains beziehungsweise für Mehrwertspieler, deren Wertschätzung nicht hoch genug sein kann.

Beispiel Cal Clutterbuck, RW - New York Islanders

Der Isles-Energiespieler ist seit jeher einer jener, die in der NHL als eine der besten taktischen Waffen gelten. Cal Clutterbuck kann nicht nur hart auf den Mann spielen und ist einer der effizientesten Viertlinien-Stürmer, sondern kann auch spielerisch mithalten und ist spieltaktisch solide. Der Fünfjahresvertrag über total 17,5 Mio. USD läuft Ende Saison aus und somit ist er einer der interessantesten Optionen für viele Clubs bezüglich Playoffs und auch darüber hinaus.

Beispiel Artturi Lehkonen, LW - Montréal Canadiens

Der 26-jährige Finne war schon immer ein äusserst wertvoller Ergänzungsspieler, der auch in den Playoffs seinen wahren Wert bewies. Besonders als Boxplay-Spieler und aufgrund seiner taktischen Vielseitigkeit. Seine Cap-Hit liegt bei 2,3 Mio. USD und 2022 wird er zum RFA. Eigentlich würden ihn die Montréal Canadiens nicht wegziehen lassen wollen, wohl aber für eine bestimmte Gegenleistung wie ein Erstrunden-Draftpick oder einen jungen NHL-Crack mit viel Potenzial.

Die weiteren Beispiele: Jack Roslovic, Center der Columbus Blue Jackets mit einem Jahressalär von 1.84 Mio. USD, wird im Sommer ein RFA und gilt als sehr guter Zweit- oder Drittlinien-Center bei 5-gegen-5. Auch Jake DeBrusk von den Boston Bruins ist eine Top-Option für jeden Club, der sich situativ verstärken möchte. Der 25-jährige hatte bereits im November 2021 den Wunsch nach einem Wechsel geäussert. Was ihn interessant macht: Er ist ein exzellenter Secondary-Scorer. Ein weiterer Kandidat ist Lawson Crouse (LW, Arizona Coyotes, Salär 1,53 Mio. USD, RFA im Sommer 2022), der diese Saison eine signifikante Leistungssteigerung erfuhr und zu einem regelmässigen Skorer avancierte. Er ist eine gute Option als Bottom-Six-Spieler für Stanley-Cup-Aspiranten. Oder: Reilly Smith (RW, Vegas Golden Knights, 5 Mio. Cap Hit und UFA im Sommer 2022). Ein dynamischer Skater, welcher wie gemacht für die Playoffs und ein unangenehmer Gegenspieler ist. Er wird wohl in Las Vegas der Cap-Hit-Policy zum Opfer fallen, da man für Jack Eichel Platz machen muss.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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Was passiert hinter den Kulissen der NHL und was steckt hinter den Geschichten, die uns bewegen? NHL Insider Joël Ch. Wuethrich öffnet für SHN sein NHL Netzwerk.