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„It's Timo Time!“ - Das schreien jeweils seit Jahren die Kommentatoren ins Mikro, wenn der Schweizer trifft. In dieser Saison hörte man diesen Satz bereits 21 Mal. Und vor rund zwei Wochen in der Partie gegen die Los Angeles Kings sogar fünf Mal in einem Spiel und dreimal im ersten Drittel. Und spätestens jetzt zweifelt niemand mehr daran, ob Timo Meiers Jahresgehalt von rund 6 Millionen Dollar seinem Leistungsvermögen und seiner Schlüsselrolle im Team entspricht.

Timo Meier thront nach knapp unter 40 Saisonspielen als unangefochtener Topskorer der San José Sharks. Und er ist einer der Gründe, warum die vor Saisonstart mit wenig Kredit gestarteten Sharks eine der Top-Überraschungen der Saison sind und unverhofft von den Playoffs träumen können.

Historischer Nachmittag für die Sharks

Es war ein historischer Nachmittag in Kalifornien: Der Goalgetter der San Jose Sharks schiesst im Derby gegen den Erzrivalen Los Angeles Kings (6:2) fünf Tore in einer Partie. Das hat in der 31-jährigen Geschichte der Sharks noch keiner geschafft. Und die NHL staunt, denn auch ligaweit betrachtet ist diese Leistung in der Neuzeit dieses Sports aussergewöhnlich: In den letzten 25 Jahren haben neben Timo Meier nur vier weitere Spieler fünf Treffer in einer NHL-Partie geschafft: Marian Gaborik, Johan Franzen, Patrik Laine und Mika Zibanejad.

„What a release...“

Schon seit Jahren ist Timo Meier einer der designierten Topskorer bei den Sharks. Aber in dieser Saison blüht er noch mehr auf als je zuvor. Besonders sein Handgelenkschuss aus der Halbdistanz ist seit Jahren gefürchtet. Nicht umsonst spielt er in der ersten Powerplay-Einheit (meist mit Logan Couture und Tomas Hertl sowie Dauerbrenner Brent Burns) als eigentlicher Linksflügel Rechtsaussen. Keiner bei den Sharks kann so schnell „releasen“, also genaue Zuspiele sofort annehmen und schiessen oder per Onetimer abschliessen.

In einem illustren Schweizer Quartett

Wer jedoch die Karriere des 25-Jährigen beobachtet hat, ist nicht überrascht. 2015 wurde er von den Sharks in der ersten Runde als Neunter overall gedraftet. In der QMJHL hatte er die Saison zuvor in 61 Partien 90 Punkte erzielt. Und bei den Sharks 2018/19 war er bereits in den Top 3 in der internen Skorerliste. Besonders stark sind die Sharks diese Saison vor allen Dingen, weil sie eine der produktivsten Sturmtrios der Liga haben: Mit Tomas Hertl bildet Timo Meier ein kongeniales und extrem abschlussstarkes Duo, alternierend komplettiert mit Jonathan Dahlen, Rudolfs Balcers (aktuell wegen Corona nicht im Einsatz) oder Kevin Labanc (verletzt). Nach Nino Niederreiter und Roman Josi war Timo Meier der dritte Schweizer mit 100 NHL-Karrieretoren. Als Vierter kam erst kürzlich nun noch Kevin Fiala dazu. Mark Streit beispielsweise fehlten am Ende seiner Karriere bei 434 Skorerpunkten nur vier Tore um die 100 voll zu machen.

Einst ein viel debattierter Vertrag – aber jetzt nicht mehr

Im Jahr 2019 unterzeichnete Timo Meier einen neuen Vierjahresvertrag in San Jose, der ihm ein durchschnittliches Jahresgehalt von sechs Millionen US-Dollar einbringt. Nicht alle waren sich einig, ob er diesen Vertrag rechtfertigen würde, auch wenn man wusste, dass er ein Schlüsselspieler im Team ist. Nunmehr wird niemand mehr daran zweifeln, ob diese Vertragsverlängerung ein guter Move von Doug Wilson war oder nicht. Chefcoach Bob Boughner: «Ich liebe all' die kleinen Dinge, die er in dieser Saison macht. Er ist ein Spieler, der nicht nur Talent hat, sondern auch fleissig ist und auf Details achtet.»

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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