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Shea Weber gehört - wie beispielsweise auch Patrick Marleau und Joe Thornton - zu jenen NHL-Superstars, die als Einzelspieler und als Mitglieder des kanadischen Nationalteams viel erreicht haben und als grosse Persönlichkeiten in die NHL-Geschichte eingehen werden. Jedoch ohne einen Stanley Cup-Sieg im Palmarés. Noch vor einigen Wochen war er seinem Ziel so nah wie noch nie. Und jetzt scheint die Krönung der Karriere ausser Reichweite. Der Grund: Die Gesundheit macht nicht mehr mit.

Er ist eine Ikone in der NHL und hat auf internationalem Parkett einige Erfolge mit dem Team Canada gefeiert. Als Einzelspieler war er immer eine Identifikationsfigur in jedem Team, für das er im Einsatz stand und galt als menschlich unersetzlich in seiner Rolle als Captain und als Vorbild. Nun aber muss Shea Weber vielleicht seine (unvollendete) Karriere aus gesundheitlichen Gründen beenden und die grosse Bühne durch die Hintertüre verlassen. Und dies, nachdem er in den vergangenen Playoffs noch einmal physisch und mental alles gegeben hat. Trotz angeschlagener Gesundheit stand er in den wichtigsten Momenten seinen Mann, wählte mit seiner Erfahrung die richtigen Laufwege und „overpowerte“ die Gegner ganz nach seiner Manier im Zweikampf oder im Slot.

Trotz des grossen Stolzes über die Playoff-Leistungen: Etwas traurig ist man schon im Weber-Lager, dass es nicht geklappt hat mit dem Stanley Cup-Finalsieg. Denn irgendwie war man sich bereits seit Wochen bewusst, dass es – im Gegensatz zu Carey Price - vielleicht Webers letzte Chance sein würde, die grossartige Karriere zu krönen. Viele Teamkameraden sagten nach der Finalniederlage, dass es ihnen besonders für Shea Weber leid tat. Es war ein offenes Geheimnis, dass Weber während den Playoffs mit mehreren Verletzungen zu kämpfen hatte. Und nun ist es seit Wochen klar, dass der Captain in der nächsten Saison aus gesundheitlichen Gründen nicht spielen kann und die NHL-Karriere des Verteidigers möglicherweise beendet sein könnte. "Ich war erstaunt, wie er gespielt hat", sagte General Manager Marc Bergevin in einer Pressekonferenz. Bergevin weiter in besagter Medienkonferenz: "Er war einer unserer Top-Verteidiger während der gesamten Playoffs bis hin zum Stanley Cup Finale. Ich persönlich wusste nicht, wie es bezüglich seiner Schmerzen wirklich um ihn stand. Wir wussten alle davon und was er jeden Tag durchmachte, aber nicht in dem Ausmass, wie es uns später erklärt wurde. Shea ist ein Mann weniger Worte, und über seinen Körper zu sprechen oder sich zu beschweren, ist nicht seine Art.“

„Unaufdringliche“ Identifikationsfigur – So geht Leadership

Es würde unmöglich sein, ihn als Mensch und als Spieler zu ersetzen, sagten zudem Bergevin und seine Mitspieler Brendan Gallagher und Ben Chiarot. Er mache eben keine halben Sachen. Montreals (Noch-) Captain hat noch fünf Jahre Restlaufzeit in seinem 14-Jahres-Vertrag, den er bei den Nashville Predators unterschrieben hatte, Er belastet den Salary Cap der Habs jährlich mit 7,85 Millionen Dollar. Diese Summe würde bei einem Langzeitausfall wie er nun jetzt Tatsache wird, von der aktuellen Canadiens-Gehaltsobergrenze wieder abgezogen.

Seit 2016 ist Shea Weber bei den Canadiens de Montréal unter Vertrag. Als er damals in einem Aufsehen erregenden und in Montreal emotional kommentierten Tauschgeschäft für den intern polarisierenden, aber in der Bevölkerung extrem beliebten P.K. Subban kam, war man sich noch uneins, ob Marc Bergevin einen Fehler gemacht habe. Auch, als P.K. Subban kurze Zeit später auf dem Zenit seiner Karriere stand und im Stanley Cup-Finale für Nashville spielte, wurde debattiert, ob es der richtige Schritt gewesen sei, Weber nach elf NHL-Saisons für Nashville nach Montreal zu holen. Bei den Preds hatte er eine erfolgreiche Zeit mit seinen beiden kongenialen Verteidigerpartnern Ryan Suter und dann später Roman Josi. Nach fünf Jahren in Montreal spricht man von einem „richtigen Schritt“ aufgrund seiner Leaderqualitäten. Und: Er war damals die richtige Person, um die Habs kaderintern zu stabilisieren. "Ich habe meine Zeit hier wirklich genossen", sagte Weber. "Ich hatte das Glück, in einer grossartigen Stadt und Organisation gelandet zu sein. Es gab ein paar harte, aber auch grossartige Zeiten.“

Weber verpasste 94 Spiele in den vergangenen vier Spielzeiten mit Montreal, darunter 56 in der Saison 2017/18 wegen eines Sehnenrisses im linken Fuss, die ersten 24 der folgenden Saison, als er sich von einer Knieoperation erholte, sechs Spiele mit einer Knöchelverletzung im Februar 2020 und die letzten acht dieser Saison aufgrund einer Daumenverletzung. Er wird am 14. August 36 Jahre alt.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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