Bull-etin Zug

Während der Sommerpause blicken wir in diesem Blog regelmässig auf denkwürdige Ereignisse, historische Momente und Geschichten aus der Vergangenheit des EV Zug. Heute listen wir jene fünf Importspieler auf, welche in den vergangenen zehn Jahren am besten performt und gleichzeitig den Verein am meisten geprägt haben.

Platz 1: Josh Holden (2008-2018 / Assistenztrainer seit 2018)

Okay, eigentlich könnte hier auch Jan Kovar stehen. Ginge es rein um den sportlichen Erfolg auf dem Eis, müsste es ganz klar so sein. Wie eingangs bereits erwähnt, wurde hierfür auch der Einfluss auf den Verein bewertet. Und genau darum steht Josh Holden an erster Stelle.
Der damals 30-jährige Kanadier wechselte 2008 von den SCL Tigers zum EV Zug – und ist immer noch da! Seit 2018 zwar nicht mehr als Spieler, aber in seiner Rolle als Assistent von Headcoach Dan Tangnes ist sein Einfluss nicht unbedingt kleiner geworden.

Der Kanadier steht sinnbildlich für die Entwicklung des Vereins. In seiner ersten Zuger Saison 2008/09 erreichte man nach einer Achterbahn-Qualifikation, in der man für einige Wochen sogar vom letzten Platz grüsste, gerade noch so am letzten Spieltag die Playoffs. 14 Jahre später ist der EVZ mit drei Titeln binnen vier Saisons und Back-to-Back-Meistertitel die erfolgreichste Mannschaft in der Schweiz. Es ist die Geschichte einer kontinuierlichen Entwicklung, welche Holden entscheidend mitgeprägt hat, was sich auch in Zahlen eindeutig beweisen lässt: 491 Spiele, 460 Skorerpunkte, zwei Mal teaminterner Topskorer und in seiner letzten Saison als Stammspieler des NL-Teams führte er den EVZ 2017 als Captain zur ersten Finalteilnahme seit 1998. Den Cupsieg 2019 sowie die beiden Meistertitel 2021 und 2022 erlebte er zwar «nur» von der Bank aus, doch sie sind eindeutig auch ein Verdienst seiner Arbeit. Holden war jahrelang der Antreiber, Leitwolf und Motor dieser Mannschaft. Er konnte die Mannschaft mit seinem Kampfeswillen und seinen Geniestreichen mitreissen, manchmal schwächte er mit seinen Provokationen und seinen Sperren das Team. Der Grad zwischen Genie und Wahnsinn lag nahe, aber stets galt: Lief es Holden, lief es meist auch dem EVZ. Bei den Fans geniesst die ehemalige Nummer 27, welche über die Jahre etwas ruhiger wurde, längst Legendenstatus.

Platz 2: Jan Kovar (seit 2019)

Der Tscheche ist zwar «erst» seit 2019 in Zug, dennoch hat der tschechische Nationalspieler seine Spuren im Verein deutlich hinterlassen. Seine Verpflichtung im Sommer 2019 war neben den Transfers von Genoni und Hofmann der Schlüssel zum ersten Meistertitel seit 23 Jahren und der erfolgreichen Titelverteidigung in diesem Frühling. Der Spielmacher, welcher vielerorts als einer der besten Center ausserhalb der NHL gilt, kam mit dem personifizierten Siegergen nach Zug: 2010, 2011 und 2012 wurde er Meister in der zweiten tschechischen Liga, 2013 Meister in der höchsten tschechischen Liga, 2014 und 2016 gewann er in der KHL den Gagarin Cup und wurde in jenen beiden Jahren sowie 2017 ins KHL-All Star-Team gewählt. Rechnet man die beiden Meistertitel mit Zug hinzu, so hat der heute 32-Jährige bereits acht Meistertitel vorzuweisen!
Der Center gehört seit seiner Ankunft ganz klar zu den besten Spielern der Liga und ist als Center, Spielmacher und Leitwolf der Dreh- und Angelpunkt im Zuger Spiel. Seine spielerischen Fähigkeiten und das Auge für den Mitspieler gehören zu seinen grossen Stärken. Er versteht es perfekt, sein körperbetontes Spiel zielgerecht einzusetzen und geht dorthin, wo es wehtut. Auch die gezielte Provokation seiner Gegenspieler ist ein Markenzeichen des Tschechen. In dieser Hinsicht weist Kovar gewisse Ähnlichkeiten zu Josh Holden auf. Seit dem Diaz-Abgang im Frühjahr 2021 führt Kovar zudem die Mannschaft als Captain an.

Die Zuger Fans wird Kovar, welcher mit der tschechischen Nationalmannschaft bislang an sieben Weltmeisterschaften und zwei Olympischen Spielen teilgenommen hat, noch mindestens bis 2025 verzücken.

Kovar EVZ

Jan Kovar führte den EVZ zu zwei Meistertiteln - wie viele kommen noch hinzu?
PostFinance/KEYSTONE/Urs Flueeler

Platz 3: Carl Klingberg (seit 2016)

Ein durchzogener Start bei einem neuen Club muss nichts bedeuten. Dies hat Carl Klingberg eindeutig unter Beweis gestellt.
Nach dem Saisonstart 2016/17 wurde Klingberg vielerorts bereits als Transferflop bezeichnet, weil er in den ersten zehn Spielen nicht ins Tor traf. Sechs Jahre später spielt Klingberg immer noch in Zug – und dies äusserst erfolgreich: Cupsieger 2019 und Schweizer Meister 2021 und 2022. Der sympathische Schwede hatte mit starken Leistungen massgeblichen Anteil an diesen Erfolgen und ist als Publikumsliebling in der Bossard Arena kaum mehr aus der Mannschaft wegzudenken. Auf dem Eis fällt der Schwede neben seinen Abschlussqualitäten vor allem durch sein körperbetontes Spiel und seinen unermüdlichen Einsatz auf. Verlorene Zähne oder aufgerissene Lippen waren öfters die Folge davon und sorgten schon für einige Zahnarztbesuche. Dabei hatte er auch Glück: Sein Unfall am 22. November 2018, als er während eines Spiels nach einem unglücklichen Zweikampf kopfvoran in die Bande prallte, hätte auch schlimme Folgen haben können.

Rund um den Verein geniesst der Bruder von NHL-Verteidiger John Klingberg längst Kultstatus. Der «Ausdruck» #OléOléKartoffelsalat ist zu seinem Markenzeichen geworden. Bei den Fans ist er mitunter deshalb so beliebt, weil er zu 120% für den EVZ lebt und sich auch mit der Fankurve bedingungslos identifiziert. Eher eine Seltenheit bei Importspielern, weil diese oft nach einigen wenigen Saisons wieder weg sind. Bei Carl Klingberg ist dies eine Selbstverständlichkeit.

Platz 4: David McIntyre (2016 – 12/2019)

Nun kann man sicherlich darüber streiten, ob ein Spieler zu den Besten seiner Zunft gehört, wenn man den Vertrag mitten in der Saison aufgelöst hat.
Auf David McIntyre trifft dies aber durchaus zu. Der Kanadier wechselte 2016 vom finnischen Club SaiPa zum EV Zug und war in seiner ersten Zuger Saison 2016/17 die dominante Figur im Zuger Spiel. In der Qualifikation erzielte er 47 Skorerpunkte in ebenso vielen Spielen, nur Lino Martschini produzierte fleissiger. Die Playoffs wurden dann zur McIntyre-Show: Mit 19 Skorerpunkten in 16 Spielen und sackstarken Leistungen war er massgeblich daran beteiligt, dass die Zuger erstmals seit 1998 in den Playoff-Final einziehen konnten.

Auch in der darauffolgenden Saison 2017/18 war McIntyre einer der besten Spieler seiner Mannschaft, allerdings konnte auch er das frühe Playoffs-Aus nicht abwenden. Der sympathische Kanadier, welcher während seiner Zeit in Zug zu den Publikumslieblingen gehörte, war unter Headcoach Harold Kreis ein Leistungsträger.
Mit dem Trainerwechsel wendete sich für McIntyre das Blatt. Im System von Tangnes gelang es McIntyre nicht mehr so gut wie zuvor, seine Stärken auszuspielen. Ausserdem hatte er erstmals mit Verletzungen zu kämpfen, weshalb er nur 30 von 50 Qualifikationsspielen bestreiten konnte. Seine sportliche Situation wurde durch die Verpflichtung eines zusätzlichen Centers in Person von Brian Flynn kurz vor den Playoffs nicht besser. In den Playoffs war McIntyre nicht jederzeit gesetzt, fünf Mal fand er sich auf der Tribüne wieder. Trotzdem spielte er – zumindest statistisch – eine gute Saison und auch gute Playoffs.

Tangnes und McIntyre – das passte irgendwie nicht zusammen. McIntyre – welcher sich auch öffentlicher Kritik von Seiten des Vereins aussetzen musste – erwischte einen unglücklichen Start in die neue Saison. Nach 20 Spielen und fünf Skorerpunkten wurde der bis 2020 weiterlaufende Vertrag im Dezember 2019 kurz vor Weihnachten vorzeitig aufgelöst. McIntyre spielte die Saison beim HC Lugano zu Ende und verliess die Schweiz danach. Es folgte ein einjähriges Gastspiel beim EC Salzburg (2020/21), eher er im Sommer 2021 zu SaiPa zurückkehrte. Seit Januar 2022 spielt er für das DEL-Team Kölner Haie und konnte dort erstmals wieder an seine Topform anknüpfen. Wie kürzlich bekannt wurde, wird der mittlerweile 35-Jährige auch in der kommenden Saison für den DEL-Club auf Torejagd gehen.

Platz 5: Pierre-Marc Bouchard (2014-2016)

Mit Sicherheit könnte man an dieser Stelle auch Dennis Everberg, Garrett Roe oder Viktor Stalberg erwähnen. Während diese drei Spieler Teil einer erfolgreichen Mannschaft waren, war Bouchard Teil einer Mannschaft welche sich im kompletten Umbruch befand. Als Bouchard nach Zug kam, befand sich der gesamte Verein im Umbruch. Ausserdem hatte man in der vorhergehenden Saison erstmals nach 11 Jahren die Playoffs verpasst und mit Harold Kreis übernahm in jenem Sommer ein neuer Headcoach.

Bouchard EVZ

Ohne gesundheitliche Probleme hätte Bouchard wohl noch viel länger eine prägende Rolle gespielt.
PostFinance/PHOTOPRESS/Gian Ehrenzeller

Dass Bouchard überhaupt für den EVZ verfügbar war, grenzt beim Anblick seiner spielerischen Fähigkeiten eigentlich an ein Wunder: Bouchard besass eine unglaubliche Spielintelligenz, war ein Genie am Stock und hatte stets das Auge für seine Mitspieler. Er machte seine Mitspieler besser und hatte zudem mit Robbie Earl einen kongenialen Center an seiner Seite, mit dem er sich auf dem Eis bestens verstand.
Doch wieso landet ein 30-jähriger Spieler in Zug, welcher in 614 NHL-Spielen 365 Skorerpunkte sammelte und jahrelang einer der besten Skorer der Minnesota Wild war? Es waren zwei schwere Gehirnerschütterungen sowie weitere Verletzungen, welche Bouchard ab 2009 abbremsten.
In Zug konnte Bouchard dann nach den schwierigen Jahren in der NHL endlich wieder zur Topform finden. Ausserdem blieb er erstmals wieder für längere Zeit verletzungsfrei. Nur etwas brachte Bouchard wohl nie los: die Angst vor einer weiteren, gravierenden Gehirnerschütterung. Die ausgesprochenen Drohungen von Lugano-Provokateur Maxime Lapierre vor dem Playoff-Viertelfinalduell 2016 machten das Ganze nicht besser (die Story findest du hier).

Bouchard scheiterte mit dem EVZ zwei Mal im Playoff-Viertelfinal, war aber auch dort trotz seiner Angst vor dem körperbetonten Playoff-Hockey der beste Spieler seines Teams. Zudem wurde er in der Saison 2015/16 mit 67 Skorerpunkten in 49 Spielen Liga-Topskorer und wurde zum MVP gewählt. Trotz des sportlichen Erfolges erklärte Bouchard im März 2016 nach dem Playoff-Aus aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt.

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