The Checking Line

Jahr für Jahr werden in der Swiss League junge Spieler eingesetzt, die ihre ersten Erfahrungen im Profibetrieb sammeln. Einer davon ist Nicolas Warmbrodt (20) vom EHC Basel. Ein Rohdiamant, der von vielen Fachleuten als einer der heissesten Tipps als Neuling des Jahres in der SL gehandelt wird.

Bei der U20-Elit stand Nicolas Warmbrodt mit dem EHC Biel 2021 im Playoff-Finale gegen den EV Zug. Ein Jahr später, als Captain, schaffte man es bis ins Halbfinale, ehe die Altersgenossen des EV Zug den Siegeszug der Seeländer stoppten. Nicolas Warmbrodt war hierbei einer der absoluten Schlüsselspieler und gehörte zu den besten Skorern ligaweit unter den Verteidigern. Sein Talent ist herausragend. Ganz besonders die offensiven Skills: „Seine grösste Stärke im Offensivspiel sind seine Bewegungen und Körpertäuschungen sowie sein Schuss von der blauen Linie. Aufgrund der guten Scheibenkontrolle und seinem „Timing“ gelingt es ihm oft, eine Schusslinie zum Tor zu finden beziehungsweise einen Stürmer anzuspielen, der den Schuss ablenken kann“, sagt Marc Sahli, einer seiner neuen Mitspieler beim EHC Basel. Bei Auslösungen bewahre er auch unter Druck die Geduld und finde die richtige Anspielstation, bestätigt auch sein Cheftrainer Christian Weber. Besonders hervorzuheben sei, so sein Coach, zudem sein schnelles Umschaltspiel, sowie die Tatsache, dass er als linker sowie als rechter Verteidiger eingesetzt werden kann. Was heute besonders wichtig ist im modernen Eishockey: Nicolas hat diese besondere Gabe, die Situationen genau einzuschätzen, wann er sich als vierter Mann in einer Offensivsituation einschaltet. Das tut er mit Vorliebe, was nicht selten auch zu einem Torerfolg führt. Dies bestätigen seine Statistiken.

Typischer Rohdiamant

Aber auch sein defensives Spiel ist clever und reif für einen 20-Jährigen. Durch seine Grösse (188 cm) und seiner körperlichen Verfassung (87 kg) gelingt es ihm oft, den Angriff des Gegners zu stoppen und durch gute Stockarbeit nachhaltig zu stören. Zusammenfassend bringt Nicolas alles mit, was heute von einem modernen Verteidiger verlangt wird, zumal er auch eine seiner kleinen Schwächen ausmerzen konnte: Durch sogenanntes Powerskating konnte er in dieser Saison seine ohnehin schon guten läuferischen Fähigkeiten um einiges verbessern.


Nicolas’ Einstellung und Trainingsdisziplin auf und neben dem Eis lässt nichts zu wünschen übrig. Dies wird untermauert durch die Beobachtungen seiner Entwicklung in den letzten zwei Jahren: Zu Beginn der Saison 2021/22 wurde er nicht umsonst teamintern zum Kapitän der U20-Elit-Mannschaft vom EHC Biel gewählt. Warmbrodt: „In meiner ersten U20-Saison bekam ich nicht einmal einen Stammplatz in Biel und wurde oft nach Ajoie ausgeliehen. Zwei Jahre später wurde ich Captain und Liga-Topscorer unter den Verteidigern, in der Regular Season und den Playoffs zusammengezählt.“

Ambitionierte, aber auch realistische Zielsetzungen

Von Clubseite aus ist die Erwartungshaltung realistisch: Man wisse genau, was man an ihm habe und dass er eine Top-Trouvaille sei. Letzte Saison hatte seine Agentur (Sportagon, Basel) mit dem EHC Basel alle Perspektiven besprochen, welche Nicolas am Rheinknie hat. Die Gespräche mit Sportchef Olivier Schäublin und Cheftrainer Christian Weber zeigten, dass ein Zweijahresvertrag für die Entwicklung des jungen Prospects die optimale Basis sei, um ihn im Erwachsenenhockey zu etablieren. Der Plan, den die Basler mit Warmbrodt haben, machte Sinn, ist zukunftsorientiert und eröffnet Perspektiven. Und so sind die Ziele des Jungspunds sowohl ambitioniert, aber auch sehr realistisch: „Ich möchte mich erst einmal als Stammspieler etablieren. Viel Eiszeit, auch in besonderen Spielsituationen im Erwachsenenhockey zu sammeln, wird mir sehr weiter helfen. Optimalerweise auch im Überzahlspiel, wo ich meine Stärken an der blauen Linie ausspielen kann. Wie alle jungen Eishockeyprofis möchte ich mich weiterentwickeln und mich Schritt für Schritt zu einem Schlüsselspieler entwickeln.“

Das grosse Ziel ist natürlich die National League - das verheimlicht der junge Bieler in Diensten des EHC Basel nicht. Bis dahin aber wird er sich in der SL etablieren müssen, woran nur wenige der fachkundigen Beobachter/innen zu zweifeln wagen. „Ich freue mich extrem auf diese Saison. Das Sommertraining war hart und sehr intensiv – hat mich aber noch weitergebracht.“ Im Erwachsenenhockey zu bestehen ist nochmals etwas anders als bei den Junioren eine dominante Rolle einzunehmen, das weiss der intelligente Seeländer, der 2021 das Gymnasium Biel-Seeland abgeschlossen hat und im September mit dem Wirtschaftsstudium starten wird.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

The Checking Line

Kontrovers und manchmal auch provokativ - "The Checking Line" thematisiert heisse Eisen und Dinge, die sich hinter den Kulissen des Schweizer Eishockeys abspielen.