Einst war das All-Star-Weekend für die NHL und deren Fans einer der Höhepunkte der Saison. Man freute sich auf den Zusammenzug der Besten der Szene und auf das Zelebrieren ihrer Hockeykunst. Seit einigen Jahren war das All-Star-Weekend, einer der grossen annuellen Image-Events der NHL, beim breiten Publikum ausserhalb des Organisationsstandortes nicht mehr populär. Sogar die Skill Competitions stiessen nicht mehr auf das grosse Interesse wie einst. Besonders das All-Star-Game entwickelte sich immer mehr zum Langweiler. Das Interesse der Fans bewegt sich diametral zu den Heritage- und Open-Air-Events sowie anderen Vorzeige-Anlässen der NHL. Seitdem die Stars der Szene fast täglich dank des leicht verfügbaren Zugangs zu den Spielen (NHL Game Center und andere) in Aktion zu bewundern sind und an Olympischen Spielen die Besten der Besten gegeneinander antreten (was jedoch für die letzten beiden Spiele aufgrund unterschiedlicher Gründe nicht der Fall war, aber 2026 und 2030 wieder eintreten wird) nahm das Interesse am All-Star-Weekend kontinuierlich ab. Ein echtes Problem für die NHL, ist doch der All-Star-Anlass bezüglich Public Relation und Image enorm wichtig als nationale Plattform und für den Club als Gastgeber und Co-Veranstalter, für die Liga und besonders auch für ihre Sponsoren!
Gary Bettman – der Wertschöpfungs-Profi
Man kann das Team um NHL Commissioner Gary Bettman unsympathisch finden oder was auch immer – in Bezug auf das Business und die Wertschöpfung des Produktes NHL sind sie Meister ihres Faches. Die NHL erkannte nämlich wie immer frühzeitig den marketingrelevanten Handlungsbedarf: Trotz innovativen Neuerungen in den letzten Jahren drohte der annuelle NHL-Event zu einem Netzwerkmeeting zu verkommen, bei welchem die Eishockeyfans nicht einbezogen werden. Die vorerst mal kurzfristige Lösung für 2025 war das 4-Nations-Turnier. Zunächst kritisiert als Wettbewerb, der wichtige NHL-Spieler aus anderen Eishockey-affinen Ländern wie der Schweiz, Deutschland, Tschechei und der Slowakei nicht mit einbezog, entpuppte sich das Konzept in vielerlei Hinsicht als Erfolg. Sportlich und emotional wie auch finanziell.
Emotionen – vor allem in Kanada und.... in den USA
Nun kann man das Fazit ziehen: Das 4-Nations-Turnier zeigte also nicht nur Eishockeysport von seiner fast emotionalsten Seite (besonders in den USA und Kanada), sondern war auch ein Marketing-Homerun. Für einmal war auch in den USA dank der Dramaturgie der Ereignisse der Eishockeysport im absoluten Fokus der Sportfans. Dazu zählten auch einige politisch-gesellschaftlichen Nebengeräusche. Man konnte jedenfalls den sportlichen wie auch emotionalen Impact so steigern, dass auch die Einschaltquoten in die Höhe schossen. Nach Angaben der Liga verfolgten durchschnittlich 4,6 Millionen Zuschauer die sechs Vorrundenspiele in ganz Nordamerika, was einer Steigerung von 226 % gegenüber dem letzten vergleichbaren Wettbewerb entspricht, bei dem NHL-Spieler an einem internationalen Turnier teilnahmen. Das Finalspiel wurde von 9,3 Millionen Zuschauern verfolgt, in Spitzenzeiten sogar von 10,4 Millionen. Diese Einschaltquote war somit die beste aller Zeiten für ein Nicht-NFL-Ereignis auf ESPN+ und über alle US-Sender hinweg sogar höher als bei jedem anderen Spiel im Finale des Stanley Cups seit 2014. Die höchste Einschaltquote für ein NHL-Spiel seit 1994 lag nach Angaben des Sports Business Journal bei 8,9 Millionen.
Ein Homerun für die Vermarktungsbranche
Dieses Resultat verzückte natürlich die Vermarktungsbranche im Besonderen. Es wurden nicht nur die klassischen crossmedialen Marketing-Massnahmen offeriert, man konnte zusätzlich für viel Geld noch sehr finanzstarke Helm- und Jersey-Sponsoren für jedes Team einbinden. Insgesamt 35 Grosssponsoren waren im Turnier auf verschiedenen Werbe- und Kommunikationswegen eingebunden. Noch sind nicht alle definitiven Zahlen publiziert, aber man erwartet an die 100 Millionen Gewinn.
Und ein Detail ist nicht zu verachten: Wie der World Cup of Hockey ist auch das 4-Nations ein Joint Venture zwischen der NHL und der NHLPA. Alle Gewinne aus der Veranstaltung werden je zur Hälfte zwischen der Liga und der Gewerkschaft aufgeteilt. Das Turnier konnte zudem noch das Interesse an den Olympischen Winterspielen im nächsten Jahr zusätzlich wecken, indem man aufzeigen konnte, wie steigerungsfähig alles sportlich und emotional noch sein kann. In Kanada war dieses Turnier auch reinigend für die Volksseele – konnte man doch einmal mehr beweisen, dass man nach wie vor das Eishockeyland Nummer Eins ist – sowohl bezüglich Interessenpotenzial wie auch sportlich. Wenn auch bei Weitem nicht mehr in der Dominanz wie früher. Was die gesellschaftlich-politische Komponente betrifft, so wurde diese ausführlich analysiert.