Seit 30 Jahren wird oft und ausführlich darüber debattiert und berichtet: Nach den Playoffs 1993, als die Montréal Canadiens sich gegen die Startruppe der L.A. Kings rund um Wayne Gretzky durchsetzten, konnte sich niemand vorstellen, dass die darauffolgende Stanley-Cup-Parade in Montréal die vorerst Letzte auf kanadischem Boden sein würde.
Mark Messiers Versprechen
Ab 1994 muss man von einem 30-jährigen kanadischen Finaltrauma sprechen, welches mit Spiel 7 am 14. Juni 1994 im Madison Square Garden ihren Anfang nahm: Es war jene Finalserie, als Rangers-Captain Mark Messier versprach, für die Blueshirts den Pokal nach 54 Jahren endlich wieder zu gewinnen. Die Finalserie gegen die Vancouver Canucks, die ihrem ersten Stanley-Cup-Titel sehr nahe waren, verlief sehr spannend. Spiel 7 ging für die 'Nucks knapp und eigentlich auch unverdient mit 2:3 verloren.
Die grosse NHL-Expansion veränderte die Gegebenheiten
Noch konnte man natürlich nicht von einem kanadischen Finaltrauma sprechen. Es war zu erwarten, dass bald ein Team aus Kanada den Pokal wieder gewinnen würde. Auch wenn die in Kanada ansässigen NHL-Teams klar in der Unterzahl waren. Besonders seit der ersten und zweiten grossen Liga-Expansion. Jedoch war damals das Verhältnis vor der nächsten Expansion mit zumeist neuen Clubs aus dem Süden der USA etwas vorteilhafter, mit deren acht in Kanada beheimateten Mannschaften bei 28 Teams total. Und diese konnten sich bis 1993 als Seriensieger feiern lassen. Es gab auch einige Dynastien - die beeindruckendsten waren jene der Canadiens de Montréal und Edmonton Oilers. Ausserdem: Viele wirtschaftliche Faktoren spielten damals noch keine so dominante Rolle für die Clubwahl der Stars im NHL-Zirkus.
Die Serie der dramatischen Niederlagen
Eine neue Serie mit unglücklichen Finalniederlagen startete 2004, als die Calgary Flames und im Jahr nach dem ersten grossen Lockdown die Edmonton Oilers (2006) so richtig unglücklich in einer Finalserie mit 7 Partien den Titel verspielten. Besonders hart hatte es die Flames getroffen, denn ihnen wurde in der Verlängerung von Spiel 6 ein reguläres Tor verweigert, der ihnen den Titel gesichert hätte. Es waren dann schliesslich die Tampa Bay Lightning, die in der selben Overtime Spiel 7 erzwangen (als Heimpartie) und mit einem Sieg den ersten Titel der Clubhistorie einfuhren. Was war passiert? Die Flames hatten die Chance, den Stanley Cup im heimischen Saddledome zu gewinnen. In der Overtime hatte Calgary-Stürmer Martin Gelinas den legendären „Bolts“-Keeper Nikolai Khabibulin mit einem Ablenker bezwungen. Der Puck war mit ganzem Umfang hinter der Linie abgewehrt worden. Aber das Spiel wurde nicht unterbrochen, das Tor nicht signalisiert und lief einfach weiter. Zu diesem Zeitpunkt war die NHL regeltechnisch nicht so weit, man berief sich auf Tatsachenentscheidungen und verfügte auch nicht über die vielen verschiedenen Kamerawinkel zur Überprüfung strittiger Situationen. Nach diesem Ereignis wurde von der NHL beschlossen, die technischen Ressourcen für Videorezensionen in den Folgejahren zu verbessern. Diese Spielsituation wurde dann zum wichtigsten Momentum für den Verlauf vieler grosser Karrieren bei einigen Stars von Tampa Bay Lightning wie Vincent Lecavalier, Martin St. Louis und Co.
Das nächste Finaltrauma erlebten die Edmonton Oilers 2006, als sie ebenfalls auswärts im Finalspiel 7 gegen die Carolina Hurricanes unterlagen. Auch hier war es wieder der erste Titel einer Expansion-Franchise. So wie auch jetzt wieder 2024 mit den Florida Panthers. Und weiter ging's 2011 – da hatten die Vancouver Canucks erneut Pech in einem Finalspiel 7. Diesmal in einem Heimspiel gegen Boston. Die anderen Finalniederlagen kanadischer NHL-Teams waren in der Dramaturgie etwas weniger spannend: Die Ottawa Senators und Montréal Canadiens mussten sich jeweils nach fünf Finalspielen geschlagen geben.
Eine abschliessende Anekdote: Was ebenso schmerzt ist die Tatsache, dass es meistens in diesen Finalduellen kanadische Gegenspieler waren, die sich als Playoff-MVP, Leistungsträger oder Matchwinner hervortaten.