Seit zwei Jahren befinden sich die Montréal Canadiens in einem sogenannten Rebuilding-Prozess. Dieser scheint in die richtige Richtung zu gehen. GM Kent Hughes und vor allem Cheftrainer Martin St. Louis geniessen das Vertrauen. Aber: Die Eishockeyfans in Montréal sind auch ungeduldig und fordernd. Wenn das Team dieses Jahr nicht deutliche Fortschritte macht, kann es schnell ungemütlich werden.
Die Eishockey-Community in der Belle Province (Provinz Québec) ist sehr anspruchsvoll. Ganz besonders jene im Grossraum Montréal. Der Eishockey-Sachverstand ist hoch und deshalb konnte man den Fans auch den „plan de reconstruction“ argumentativ gut verkaufen. Mittlerweile sind zwei Jahre verstrichen und es sind Fortschritte im spielerischen Bereich, aber auch bei der Teamchemie deutlich sichtbar und der Plan könnte aufgehen. Aber: Die Montréalais sind zwar sachverständig, aber auch ungeduldig und haben eine emotionale Bindung zu ihren „Habs“. Das heisst im Klartext: Diese Saison muss zwingend ein weiterer signifikanter Fortschritt bezüglich sportlichen Erfolgs her und nächste Saison muss die Playoff-Qualifikation wohl das Saisonziel sein.
Emotionen garantiert – egal was passiert
Die Canadiens de Montréal gehören definitiv zu jenen NHL-Clubs, die man aufgrund ihrer Tradition sowie ihrer kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung gerne wieder im Kreise der Topclubs sehen würde. Irgendwie fehlt etwas, wenn die Playoffs ohne den einzigen franko-kanadischen Club der NHL und seinen begeisterungsfähigen Fans starten. Und es deuten nicht wenige Anzeichen darauf, dass die „Habs“ sehr bald wieder Aufnahme in den erlauchten Kreis der regelmässigen Playoff-Teilnehmer finden wird.
Vielleicht passiert dies nicht gleich diese Saison, aber sicherlich sehr bald wieder wird Playoff-Hockey in Montréal gefeiert: Dies ist derzeit der Gesamteindruck bei den Fachleuten und Fans in der Belle Province. Gründe dafür gibt es genug, denn in den letzten beiden Jahren nach dem sportlichen Supergau, der auf den Stanley-Cup-Finaleinzug 2021 folgte, wurde gut und vor allem nachhaltig gearbeitet. Auch wenn die Wachablösung für die Ära nach Carey Price, Shea Weber & Co. etwas zu früh kam. Aber dies hatte auch einen Vorteil, denn viele der jungen, neuen Schlüsselspieler mussten sich bereits unter schwierigsten Bedingungen etablieren. Und neue Hoffnungsträger wurden früher als geplant zu Stammspielern.
Die jungen Schlüsselspieler lassen hoffen
Verdeutlicht und zementiert wurde diese Strategie diesen Sommer: Mit der Vertragsverlängerung für Juraj Slafkovsky nimmt der Plan deutliche Konturen an. Der neue Vertrag für den Nummer-Eins-Draftpick von vor zwei Jahren wird gewertet als ein klares Bekenntnis zum mittelfristig wirksamen Rebuilding-Plan der Canadiens de Montréal. Juraj Slafkovsky hat 2023/24 bewiesen, dass er als einer der Offensivspieler der Zukunft bei den „Habs“ gesetzt ist und bekam dementsprechend einen ähnlich gut dotierten Vertrag wie Cole Caufield und Captain Nick Suzuki. Der Slowake unterzeichnete einen 8-Jahres-Vertrag über 60.8 Millionen Dollar bei den Montréal Canadiens und somit einem durchschnittlichen Jahresgehalt von 7.6 Millionen.
Nick Suzuki unterzeichnete ja bereits 2022 als neuer designierter Captain einen 8-Jahres-Vertrag über 63 Millionen US-Dollar bei den Montréal Canadiens, einschliesslich Unterzeichnungsbonus von 10 Millionen und eines durchschnittlichen Jahresgehalts von 7.875 Millionen. Cole Caufield erhielt ebenfalls einen 8-Jahres-Vertrag (62,8 Millionen) inklusive Unterzeichnungsbonus von 10 Millionen, was einem Jahresgehalt von 7.85 Millionen entspricht. Kommende Saison wird Caufield ein Grundgehalt von 4.975 Millionen und einen Vertragsbonus von 5,0 Millionen verdienen.
Der Plan, den General Manager Kent Hughes verfolgt, ist somit eindeutig: Alle drei Spieler werden als Top-NHL-Trio der Zukunft aufgebaut und auch mit den gleichen Anreizsystemen belohnt.
Neuer Schub dank Patrik Laine und Comebacker Kirby Dach
In der Offseason wurde indes noch etwas mehr mit bestehenden Kräften an der Teamentwicklung gearbeitet. Chefcoach Martin St. Louis war darauf bedacht, jene junge Spieler weiter zu fördern, die bereits in den letzten beiden Jahren als künftige Teamleader detektiert wurden und sich in den Vordergrund spielten. Und: Man hat im Spätsommer dann doch noch auf dem Transfermarkt zugeschlagen: Mit Patrik Laine kommt nun aber kein einfacher Kandidat in den Hexenkessel von Montréal. Und er ist auch teuer: Laine hat noch zwei Saisons in seinem Vierjahresvertrag über 34,8 Millionen Dollar (durchschnittlicher Jahreswert 8,7 Millionen Dollar), den er am 22. Juli 2022 unterzeichnet hatte. Nach zwei sehr durchwachsenen und von Verletzungen und mentalen Herausforderungen geplagten Saisons bat der 26-Jährige bei den Blue Jackets um einen Trade. Die Blue Jackets gaben den Canadiens beim Trade einen Zweitrunden-Pick im NHL-Draft 2026 on top und erhielten dafür den talentierten Verteidiger Jordan Harris. In den letzten beiden Saisons hat Laine die Erwartungen nicht erfüllt. Er erzielte in der letzten Spielzeit in 18 Spielen neun Punkte (sechs Tore, drei Assists), absolvierte sein letztes Spiel für die Blue Jackets am 14. Dezember wegen eines Schlüsselbeinbruchs. Zudem begann er am 28. Januar mit der Behandlung durch das NHL/NHLPA Player Assistance Programm. Am 26. Juli wurde er aus dem Programm entlassen. Aber der Finne machte in den Gesprächen mit Kent Hughes und Cheftrainer Martin St. Louis glaubwürdig, dass er aus den letzten beiden Saisons sehr viel gelernt habe und sich als Mensch und Eishockeyprofi weiterentwickelt hat.
Lane Hutson und die junge Garde werden begeistern
Viele Fachleute schätzen die Canadiens um einiges stärker ein als zuletzt und vieles deutet darauf hin, dass das Rebuilding in absehbarer Zeit mit sportlichem Erfolg gekrönt werden wird. Die neue Philosophie bei den „Habs“ wird zudem umgesetzt. Zum Beispiel: Im Kader stehen einige beliebte erfahrene Verteidiger (David Savard, Mike Matheson) und es wimmelt von jungen, sehr talentierten Mitspielern in der Defense wie dem designierten Nummer-Eins-Verteidiger der Zukunft, Kaiden Guhle. Hinter ihm kommen noch weitere sehr talentierte Verteidiger hinzu: Arber Xhekaj, Justin Barron und der erstaunliche, sehr spielstarke Lane Hutson. Dieser Rohdiamant wird von vielen Fachleuten aufgrund seiner Spielweise bereits als der nächste Adam Fox oder Cale Makar bezeichnet. Und es drängen noch weitere nach: Aktuell ist – noch vor Erstrunden-Draftpick 2023 David Reinbacher – ein gewisser Logan Mailloux in einer Pole-Position. Dieser – ein Erstrunden-Draftpick aus dem Jahr 2021 - machte Schlagzeilen, weil er gesperrt wurde aufgrund eines Sexting-Vorfalls in Schweden. Geläutert und in vielen Sensibilisierungskampagnen eingebunden, ist der sehr talentierte Logan Mailloux mittlerweile wieder einigermassen in die Eishockey-Familie aufgenommen worden.