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Bull-etin Zug

Was sich bereits am Donnerstagabend anbahnte, wurde am Freitagmorgen Gewissheit: Der EVZ verliert seine beiden Talente Attilio Biasca (21) und Ludvig Johnson (18) an den HC Fribourg-Gottéron. Der Aufschrei im Vereinsumfeld ist gross, die Enttäuschung über den Abgang der beiden Talente ebenso. Dabei sind die beiden Transfers – zum Leidwesen des EVZ – aus rationaler Sicht verständlich. Und es ist, allem Frust zum Trotz, kein Grund für Weltuntergangsstimmung. 

Attilio Biasca wird den EVZ nach zwei Jahren verlassen und künftig für den HC Fribourg-Gottéron spielen.

Monika Majer / RvS.Media

Der EV Zug schlägt am Donnerstagabend die SC Rapperswil-Jona Lakers mit 5:2. Das 2:0 ist eine Co-Produktion zweier EVZ-Talente, Torschütze Attilio Biasca (21) muss nach dem massgeschneiderten Laserpass von Ludvig Johnson (18) nur noch den Stock hinhalten. Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand weiss: Beide Spieler spielen ab der kommenden Saison nicht mehr in Zug, sondern Fribourg. Die Transfers werden am darauffolgenden Morgen verkündet, auf die Partystimmung folgt Katerstimmung und eine kollektive Verärgerung bei den Fans.

Sportchef Reto Kläy (46) wollte beide Spieler langfristig an den Verein binden, was vor allem bei Biasca auch ungewohnt oft in den Medien betont wurde. Ähnlich wie bei Nico Gross (24) vor einem Jahr half das öffentliche Werben nichts – auch Biasca zieht nach Ablauf seines Vertrags von dannen.

Die Wechsel sind sportlich nachvollziehbar

In beiden Fällen muss man aus rationaler Sicht feststellen, dass die Wechsel durchaus nachvollziehbar sind. Der HC Fribourg-Gottéron wird sich mit der Ankunft von Roger Rönnberg (53) ab der Saison 2025/26 einem regelrechten Kulturwandel sowie einer Verjüngungskur unterziehen. Spieler wie Raphael Diaz (38), Ryan Gunderson (39), Julien Sprunger (38) oder auch Kilian Mottet (33) befinden sich auf der Zielgerade ihrer Karriere und werden bald Platz für junge Spieler machen. Tatsächlich ist es möglich, dass Diaz, Gunderson und Sprunger schon in der kommenden Saison nicht mehr für die Fribourger spielen werden. Beim HCFG bahnt sich eine spannende Ausgangslage an, welche unter der Regie von Rönnberg besonders für junge Spieler sehr interessant ist.

Ausserdem ist der Fribourger Kader auf dem Papier insbesondere im Hinblick auf die kommende Saison weniger namhaft besetzt als jener des EVZ. Mit Christoph Bertschy (30) hat der HCFG lediglich einen Nationalstürmer im Kader. Ähnlich sieht es in der Defensive aus, wo neben Johnson auch Nationalverteidiger Andrea Glauser (28) verpflichtet wurde. Dazu kommen voraussichtlich zwei Imports, die Routiniers Benoit Jecker (30) und Yannick Rathgeb (29) sowie Jungspund Maximilian Streule (21). Nach aktuellem Stand also durchaus möglich, dass sich Johnson einen Stammplatz ergattern kann. Hier wird entscheidend sein, ob die auslaufenden Verträge von Raphael Diaz, Mauro Dufner (29) und Simon Seiler (28) verlängert werden. Bei Biasca stehen die Chancen ebenfalls gut, dass er sich in Fribourg eine grössere Rolle erspielen kann als in Zug.

Muss der EVZ über die Bücher? 

Seit der EV Zug 2019 seinen ersten Titel seit 1998 gewonnen hat, lief es auch auf dem Transfermarkt meist äusserst erfolgreich. Neben Top-Neuzugängen gelang es – mit wenigen Ausnahmen – auch, die eigenen Spieler zu halten. Sprich: Wenn der EVZ einen Spieler halten wollte, dann einigte man sich. Reto Suri (2019), Garrett Roe (2019) und Raphael Diaz (2021) sind wenige Ausnahmen davon. Zuletzt schien es aber so, dass es dem EVZ auch vermehrt nicht mehr gelingt, eigene Talente zu binden. Das Beispiel von Nico Gross (24) vor einem Jahr wurde bereits erwähnt. Nun verlassen also auch Biasca und Johnson den Club, obwohl eine Vertragsverlängerung angestrebt wurde. Insgesamt haben nicht weniger als sieben Eigengewächse den Club nach der letzten Saison 2023/24 verlassen.

Das mag auf dem Papier bitter aussehen, ist in Tat und Wahrheit aber weitaus weniger dramatisch. Abgesehen von Nico Gross und Luca Hollenstein (24) spielten diese Spieler eine Nebenrolle oder schienen – wie beispielsweise Dario Allenspach (22) und Tim Muggli (21) – in ihrer Karriere zunehmend zu stagnieren. Zumal nicht jedes Eigengewächs langfristig in den Kader integriert werden kann.

Das heisst allerdings nicht, dass man keine Kritik am Club üben darf. Insbesondere die Abgänge von Nico Gross und jetzt Ludvig Johnson wären möglicherweise vermeidbar gewesen. Bei beiden Abgängen dürfte die sportliche Perspektive mitunter entscheidend gewesen sein. So musste sich Johnson in Sachen NL-Promotion hinter U20-Captain Nic Balestra (19) anstellen und wurde erst berücksichtigt, als die Verletzungshexe in dieser Saison zuschlug. Und selbst als diese zuschlug, wurde zuerst Mischa Geisser (18) in den NL-Kader beordert. Da ist es wenig verwunderlich, dass sich Johnson nach Alternativen umgeschaut hat. Bei Nico Gross dürften mitunter ebenfalls die Perspektiven entscheidend gewesen sein, da man ihm in der letzten Saison beispielsweise nach dem Kreis-Abgang quasi Elia Riva (26) vor die Nase gesetzt hat, anstelle mehr auf den Bündner zu setzen. Also zog Gross zum HC Davos weiter, wo er mittlerweile mit Nativerteidiger Michael Fora (29) das erste Defense-Pairing bildet.

Beide Abgänge sind ärgerlich, aber sportlich verkraftbar

Bei allem Ärger über die beiden Abgänge sollte man aber nicht vergessen, dass diese sportlich verkraftbar sind. Der EVZ verliert zwar zwei Talente, aber sportlich können diese kompensiert werden. Wenn alle Verteidiger wieder fit sind, wird Johnson wieder zur U20 zurückkehren und Biasca konnte bislang nicht restlos überzeugen. Auch bei ihm verstärkt sich länger je mehr der Eindruck, dass er etwas stagniert in seiner Entwicklung. Diese beiden Abgänge bieten die Chance für weitere Talente aus dem eigenen Nachwuchs. Mit Nic Balestra und Mischa Geisser hat man immer noch zwei Verteidigertalente in der Pipeline. In der Offensive gehören mit Robin Antenen (18) und Loris Wey (18) bereits zwei Talente zum Profikader, welche noch mehr eingebunden werden können. Dazu könnten weitere Talente wie Nik Petrovic (18) oder Kevin Haas (18) nachrücken. Nicht vergessen sollte man auch Colin Lindemann (19), welcher derzeit auf Leihbasis beim HC Thurgau seine ersten Profierfahrungen sammelt. Der Flügelstürmer besitzt beim EVZ einen Vertrag bis 2026 und könnte ebenfalls durch den Biasca-Abgang eine Chance bekommen. Allerdings ist auch Vorsicht geboten, gemäss Eliteprospects besitzen Antenen, Balestra, Geisser und Wey noch kein gültiges Arbeitspapier für die kommende Saison!

Wird Nando Eggenberger der grosse Profiteur des Biasca-Abgangs?

Wird Nando Eggenberger der grosse Profiteur des Biasca-Abgangs? 

Monika Majer / RvS.Media

Der Biasca-Abgang ist aber nicht nur für Talente eine Chance, sondern möglicherweise auch für Nando Eggenberger (25). Der Churer kann eine offensive Rolle spielen, das hat er bereits in Rapperswil bewiesen. Sollte er seinen Vertrag verlängern, könnte er diese Chance packen und in der Hierarchie aufrücken. Es ist – mit Blick auf den Transfermarkt – durchaus denkbar, dass der 25-Jährige der grosse Nutzniesser dieser Situation werden könnte. Zumal Eggenberger in dieser Saison bislang als Flügelstürmer der vierten Linie gleich viele Skorerpunkte gesammelt hat wie Biasca – bei deutlich weniger Eiszeit (Eggenberger 9.57min/Spiel, Biasca 13.06min/Spiel).

Transfermarkt bietet wenig Optionen – Mats Alge einzige Opton?

Der Transfermarkt bietet sowohl defensiv als auch offensiv wenig Optionen, welche ins Zuger Konzept und zur Transferstrategie passen. Die spannendste und wohl einzig sinnvolle Option wäre Ex-Junior Mats Alge (21), welcher mittlerweile Stammspieler bei den SC Rapperswil-Jona Lakers ist. Den grossen Durchbruch hat er aber bei den Lakers (23 Spiele, drei Punkte) noch nicht geschafft. In der Verteidigung würde der Vertrag von Dario Wüthrich (25) beim HC Ambri-Piotta auslaufen. Ob diese Transfers aber mit Betrachtung der eigenen Talente Sinn machen, ist fraglich. Die Rückkehr von Yannick Zehnder (26) würde ebenfalls wenig Sinn ergeben. Zum einen, weil Zehnder keine grössere Rolle einnehmen würde als vor seinem Abgang und zweitens, weil er seinen Scoring-Output seit seiner Ankunft beim ZSC nur minimal gesteigert hat.

Will der EVZ für zusätzliche Kadertiefe durch Spieler sorgen, welche sich schon im Profibereich beweisen konnten, lohnt sich aber vielleicht der Blick in die Swiss League. Dort überzeugen mit Simon Marha (21, EHC Chur) und Lucas Hedlund (18, EHC Winterthur) gerade zwei Youngsters, welche einst beim EVZ im Nachwuchs beziehungsweise beim Academy-Farmteam gespielt haben. Marha ist beim SL-Aufsteiger aus Chur mit 19 Skorerpunkten aus 22 Spielen Topskorer, Hedlund steht in seiner ersten Profisaison bei 15 Skorerpunkten aus 22 Spielen und teilt sich die Topskorer-Ehren derzeit mit seinem kanadischen Teamkollegen Allan McShane (24). Gemäss Eliteprospects besitzt Hedlund, welcher bei den SC Rapperswil-Jona Lakers unter Vertrag steht und an Winterthur ausgeliehen ist, zwar einen Vertrag bis 2026. Zuletzt tauchten aber bereits Gerüchte über das Interesse von Fribourg auf, was durchaus darauf hindeutet, dass ein Wechsel möglich wäre.

Kader EV Zug - Saison 2025/26 (Stand: 24. November 2024)

Torhüter: 1 Tim Wolf - 30 Leonardo Genoni

 Verteidiger: 14 Livio Stadler - 18 Dominik Schlumpf - 19 Niklas Hansson (SWE) - 27 Gabriel Carlsson (SWE) - 32 Lukas Bengtsson (SWE) - 42 Tobias Geisser

 Stürmer: 8 Fredrik Olofsson (SWE) - 15 Grégory Hofmann – 46 Lino Martschini - 61 Sven Leuenberger - 68 Fabrice Herzog – 73 Mike Künzle – 88 Sven Senteler – 95 Colin Lindemann - 96 Daniel Vozenilek (CZE)

Zukunft ungewiss: 6 Mischa Geisser (V) – 22 Nando Eggenberger (S) - 37 Elia Riva (V) – 40 Andreas WIngerli (S, SWE) - 43 Jan Kovar (S, CZE) – 77 Loris Wey - 81 Robin Antenen (S) - 94 Nic Balestra (V)

EliteProspects.com

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