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Bull-etin Zug

Die sportliche Führung um Reto Kläy (45) hat den 7. Mai zum Tag des Transferbebens erklärt: Assistenztrainer Todd Woodcroft (51) und Stürmer Brian O’Neill (35) erhalten definitiv keinen neuen Vertrag, der Vertrag mit Stürmer Marc Michaelis (28) wird vorzeitig aufgelöst und Nachwuchs-Hoffnung Tim Muggli (20) kurzerhand in Ambri gegen Nando Eggenberger (24) eingetauscht. Das Transfergebaren erinnert an den Frühling 2016, als Reto Kläy nach einer enttäuschenden Saison ebenfalls den Kader mit unpopulären Entscheidungen saniert hat.

Die aktuellen Transferaktivitäten haben erstaunliche Parallelen zu den Geschehnissen im Frühjahr 2016. Damals scheiterten die Zuger trotz Heimvorteil im Playoff-Viertelfinal auf fast schon blamable Art und Weise mit 0:4 am HC Lugano. Es war das letzte 0:4-Playoff-Out des EVZ.

Schon damals war Reto Kläy als Sportchef am Werk. Und Kläy fackelte nach kurzer Saisonanalyse nicht lange: Er löste die Verträge mit Daniel Sondell (40) – damals in der Qualifikation immerhin der punktbeste Verteidiger der gesamten Liga – und dem «verlorenen Sohn» Dario Bürgler (36) vorzeitig auf. Beide Spieler fanden danach ironischerweise beim HC Lugano Unterschlupf. Der Entscheid war riskant, aber richtig. Bürgler konnte die Erwartungen seit seiner Rückkehr aus Davos im Jahr 2014 nie erfüllen und Sondell spielte zwei Mal schwache Playoffs. Das zweite Problem löste sich in Luft auf, weil der ebenso geniale wie fragile Spielmacher Pierre-Marc Bouchard (40) seine Karriere aus gesundheitlichen Gründen beendete. Ob Bouchard ohne Karriereende weiterhin in Zug gespielt hätte? Man wird es nie wissen.

2016 Sondell Bouchard

Die Abgänge von Pierre-Marc Bouchard (links) und Daniel Sondell (rechts) leiteten den Kaderumbruch im Frühjahr 2016 ein. 
PostFinance/PHOTOPRESS/Patrick B. Kraemer

Michaelis wird die Saisonanalyse zum Verhängnis

Ähnlich überraschend und dennoch auf gewisse Weise nachvollziehbar wie damals bei Sondell ist die vorzeitige Vertragsauflösung mit Stürmer Marc Michaelis. Man wolle einen anderen Weg einschlagen, hiess es in der Medienmitteilung des Clubs. Der deutsche Nationalspieler wird seine Karriere in seiner deutschen Heimat Mannheim fortsetzen. Nun kann man zu Recht sagen, dass es waghalsig ist, seinen punktbesten Importspieler vom Hof zu schicken. Statistisch ist diese Entscheidung kaum nachvollziehbar. Doch Michaelis ist andererseits auch Sinnbild dieser enttäuschenden Saison. Lief es dem EVZ, war auch Michaelis in Hochform. Tauchte die Mannschaft ab, war auch Michaelis selten zu sehen. Dazu wurde er mit seinen vergebenen Grosschancen zum Sinnbild der verlorenen Halbfinal-Serie. An diesem Punkt ergibt sich eine Parallele zu Sondell: Ordentliche Qualifikation, schwache Playoffs.

Sein vorzeitiger Abgang schafft Platz im Zuger Kader für einen weiteren Importspieler und es ist somit auch klar, dass mindestens ein Center verpflichtet werden wird. Kläy muss nun einen hochkarätigen Spielmacher finden, der vom Spielerprofil nahe an jenes von Captain Jan Kovar (34) kommt. Das Zuger Spiel benötigt einen zweiten Spielmacher und Leader, der die Mannschaft mitreissen kann. Ob der vorzeitige Michaelis-Abgang richtig war, wird sich erst zeigen, wenn sein Nachfolger feststeht und man seine Leistung auf dem Eis sieht.

Tim Muggli geht, Nando Eggenberger kommt

Für mindestens genau so viel Erstaunen sorgte die Transfermeldung am Nachmittag desselben Tages: Tim Muggli verlässt den EVZ trotz erst kürzlich erfolgter Vertragsverlängerung in Richtung Ambri, im Gegenzug wechselt Nando Eggenberger nach Zug. Der neue Zuger Stürmer bringt noch mehr Kampfkraft aufs Eis als Muggli, besitzt ungleich mehr NL-Erfahrung und ebenso viel Potenzial. Eggenberger galt einst als grosse Schweizer Sturmhoffnung, konnte aber abgesehen von seiner Zeit in Rapperswil sein Talent kaum nachhaltig beweisen. In Davos und Ambri spielte er eine sportliche Nebenrolle. Erreicht er ähnliche Skorerwerte wie in Rapperswil, dann hat sich der Tausch definitiv gelohnt. Entscheidend wird sein, welche Rolle der EVZ für den Stürmer vorgesehen hat. Ähnlich wie Muggli oder auch Allenspach ist auch Eggenberger kein Spielertyp für die vierte Linie. Zur Entfaltung seines vollen Potenzials braucht er eine Rolle in einer offensiv ausgerichteten Linie. Ob er diese auf dem stark besetzten Zuger Flügel bekommen wird? Unabhängig vom sportlichen Aspekt hinterlässt der Tausch auch eine bittere Note, zumal Muggli von aussen gesehen nicht selten ein erfrischendes Element darstellte. Er hat zwar auf dem Papier 50 Spiele bestritten, kam aber kaum auf mehrere Einsatzminuten innerhalb einer Partie. Seine durchschnittliche Eiszeit über 50 Spiele lag bei 3.95 Minuten. Beweisen konnte er sich kaum einmal, wie auch bei einer Handvoll Shifts pro Spiel? Nun ist es auch hier so, dass man von aussen nicht beurteilen kann, warum dieser Tausch eingefädelt wurde und wer die treibende Kraft dahinter war. Ob sich der Tausch gelohnt hat, wird die Saison 2024/25 zeigen.

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Kann Nando Eggenberger seine Karriere in Zug neu lancieren?
Andreas Haas

O’Neil und Woodcroft müssen gehen

In dieser Nachrichtenflut geht fast schon unter, dass auch Assistenztrainer Todd Woodcroft und Publikumsliebling Brian O’Neill den Verein verlassen müssen. Bei beiden war der Vertrag ausgelaufen und wird nun definitiv nicht mehr verlängert. Während Woodcroft erst im vergangenen Januar als Nachfolger des zuvor entlassenen Lars Johansson (54) zum EVZ kam, spielte O’Neill zwei Jahre lang für den EVZ. In dieser Zeit gehörte der fleissige US-Amerikaner zu den produktivsten Spielern und genoss auch bei den Fans ein hohes Standing. Seine schwere Verletzung in Kombination mit seinem Alter sprachen gegen eine Vertragsverlängerung. O’Neill hat Kläy die Entscheidung über eine weitere Zusammenarbeit zwar nicht wie Bouchard 2016 mit einem Rücktritt abgenommen, die Situation weist aber ebenfalls gewisse Parallelen auf: Sportlich wäre eine Fortsetzung gerechtfertigt, doch macht es auch Sinn, getrennte Wege zu gehen. Mit den Abgängen von Michaelis und O’Neill ist klar, dass noch mindestens zwei Importspieler verpflichtet werden. Schliesslich will der EVZ mit sieben Imports in die neue Saison starten.

2016 gab der anschliessende Erfolg Kläy Recht – auch dieses Mal?

Kläy löste 2016 die Verträge mit Sondell und Bürgler auf, dazu kamen der Rücktritt von Topskorer Pierre-Marc Bouchard und die ausbleibende Vertragsverlängerung mit Viertlinien-Stürmer Nicolas Thibaudeau (33). Was danach kam? Kläy ersetzte Bürgler und Bouchard durch zwei damals unbekannte Namen: David McIntyre (37) und Carl Klingberg (33). Es spielte Kläy in die Karten, dass er Sondell dank NHL-Rückkehrer Raphael Diaz (38) nicht mit einem Import ersetzen musste. Der sportliche Erfolg gab Kläy Recht, die Zuger erreichten schon 2017 den Playoff-Final. Dazu übernahmen McIntyre und insbesondere Klingberg tragende Rollen. Diese Transfers waren der Startschuss der Zuger Titeljagd, welche im Cupsieg 2019 und den Meistertiteln 2021 und 2022 gipfelte. Ob Kläy erneut ein solcher Umschwung gelingt? Im Frühjahr 2025 lässt sich diese Frage abschliessend beantworten.

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