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NHL Observer

In der Saison 2022/23 befand man sich zwar in der Endphase eines Rebuildings, konnte aber durch geschickte Drafts und Trades die neu erworbene Identität zementieren, spielte sich überragend in die Playoffs und überzeugte auf der ganzen Linie. Auf einmal befand man sich für die Saison 2023/24 auf der Liste der Runner-Ups für den Titel 2024. Aber die Playoffs wurden verpasst. Man hat aus den Fehlern gelernt und nun schwören die Devils Wiedergutmachung. 

Von teuflisch gut zu teuflisch durchschnittlich: So lässt sich die Saison 2023/24 der New Jersey Devils zusammenfassen. Die Devils hatten 2024 die Playoffs verpasst und dabei sich in dieser Saison mehrmals verpokert. 

Dabei waren sie beim Saisonstart 2023 als einer der Mitfavoriten um den Stanley Cup gestartet. Dies dank des früher als zunächst erwarteten sportlichen Erfolgs eine Saison zuvor - man übertraf sogar den eigenen Punkterekord für die Regular Season - hatte sich die Mannschaft als Spitzenclub etabliert. Mit vielen jungen Stars im Team, einer attraktiven Spielweise und einer neuen Identität. Die fehlende Leistungskonstanz, verletzte Schlüsselspieler, unterdurchschnittliche Goalieleistungen und eine weniger starke Leistungsprogression als erwartet bei einigen Schlüsselakteuren verhinderten dies jedoch. 

Einige Breakout- und Bounce-Back-Kandidaten

Der Ausblick in die nächste Saison ist nunmehr aber wiederum positiv-optimistisch. Denn nach wie vor ist das Team sehr jung und vielen von ihnen wird eine starke Leistungsprogression zugetraut. Allen voran natürlich Luke Hughes, der als sogenannter Breakout Candidate gehandelt wird. Nicht wenige erwarten vom Offensivverteidiger, dass er die 50-Punkte-Marke erreicht. Auch von Verteidigerkollege Simon Nemec kann man eine Top-Saison erwarten. Die Defensivabteilung generell muss den eher mittelprächtigen Eindruck der letzten Saison nun korrigieren, hat man doch eigentlich eine starke und spielerisch gut ausbalancierte Verteidiger-Truppe beisammen mit den jungen Nemec und Hughes, mit Brett Pesce, Matt Dillon und Jonas Siegenthaler sowie dem endlich wieder genesenen Dougie Hamilton. Durch seine Brustverletzung, die er sich im November 2023 zuzog, hat die Defensivabteilung nicht nur an defensiver Qualität verloren, sondern auch an offensiver Wirkung sowie an Leadership. Dieser Verlust war einer der Hauptgründe für das Scheitern des einstigen Stanley-Cup-Geheimtipps in der Eastern Conference. Hinzu kam noch, dass Cal Foote als einer der Angeklagten in der ominösen Nötigungs-Affäre rund um das kanadische Junioren-WM-Team 2018 von der Mannschaft abgezogen wurde. 

Das zweite grosse Problem: Die Torhüterposition. Diese war letzte Saison lange Zeit die Achillesferse, bis Jake Allen zur Trade Deadline im März 2024 von den Montréal Canadiens geholt wurde. Nun ist man nicht mehr wie im Vorjahr ins Risiko gegangen mit drei jungen Goalies, sondern hat mit Allen und vor allem mit der Neuerwerbung Jakob Markström auf bewährte und erfahrene Keeper gesetzt. 

Nun ist aber auch ein neuer Chefcoach, der den Ton angibt im „Rock“ (so bezeichnen die Devils-Fans das Prudential Center in Newark). Ex-Erfolgscoach Lindy Ruff wurde letzte Saison gefeuert und sein Nachfolger Travis Green konnte beim Team auch nicht die gewünschte Konstanz bewirken. Ex-Toronto-Cheftrainer Sheldon Keefe wird nun das Team führen – auch hier ist die Zeit der Experimente vorbei. 

Was zudem noch optimistisch stimmt: Es gibt bei den Devils auch einige Bounce-Back-Kandidaten unter den Schlüsselspielern wie Dawson Mercer und Timo Meier. Der Schweizer Timo Meier konnte erst in der zweiten Saisonhälfte die hohen Erwartungen erfüllen. Aber andere Schlüsselspieler – ausgenommen Nico Hischier, Jesper Bratt, Erik Haula und Luke Hughes – hatten eher enttäuscht. Speziell bei Jack Hughes wird eine höhere Leistungskonstanz erwartet, war er doch letzte Saison teilweise herausragend und manchmal aber eben auch nur durchschnittlich gut. Auch aufgrund einiger Verletzungssorgen, die ihn immer wieder heimsuchten. 

Gut eingespielte Trios und starke Special Teams

Was ist also in dieser Spielzeit zu erwarten? Sicherlich offensiv sehr gut eingespielte Trios, da (fast) alle Schlüsselspieler dem Team noch erhalten blieben. Die ersten beiden Sturmtrios mit den Centern Nico Hischier und Jack Hughes haben arrivierte Skorer zur Seite (Jesper Bratt und Ondrej Palat beziehungsweise Dawson Mercer und Timo Meier). Das Secondary Scoring ist nach wie vor top besetzt – speziell die dritte Formation mit Center Erik Haula und den Flügelspielern Stefan Noesen und Tomas Tatar. Als überdurchschnittlich effizient kann man das Überzahlspiel erwarten mit zwei ähnlich starken Einheiten. Besonders jene mit Center Nico Hischier, Timo Meier und Jesper Bratt und mit nur einem Verteidiger (Luke Hughes), der an der blauen Linie mit seinem spielintelligenten Bruder Jack stehen wird. Obwohl in der letzten Saison nur 13. in der Powerplay-Statistik (22,5%) gelten die Devils als eines der besten Überzahl-Teams. Ebenso stark besetzt sind die Devils im Penaltykilling, wo man auf viele Unterzahlspezialisten zählen darf. In der Regel starten da Nico Hischier mit Erik Haula oder Jesper Bratt und Jonas Siegenthaler mit Doug Hamilton. Aber es gibt für dieses Special Team einige andere gute Optionen. Letzte Saison belegte man statistisch einen Rang in den Top Ten mit über 80,7 Prozent Effizienz. 

Die neue DNA pflegen

Fazit: Den New Jersey Devils ist einiges zuzutrauen und sie werden diesmal nicht wieder enttäuschen. Und: sie sind aktuell populärer denn je in ihrem Bundesstaat. Noch mehr, als zu ihren erfolgreichsten Zeiten in den Neunzigern und Millenium-Jahren, als man mit Stars wie Martin Brodeur, Scott Niedermayer, Claude Lemieux oder Scott Stevens drei Stanley Cups gewann. Die neue Identität der Mannschaft, die mit ihrer Spielweise begeistert. Bei den Stanley-Cup-Siegen haben die Devils mit ihrer berüchtigten „Neutral Zone Trap“ und einem resultatorientierten Hockey die Gegner zur Verzweiflung gebracht. Ganz anders ist seit einigen Jahren der Auftritt beziehungsweise die neue DNA der aktuellen Devils: Die Fähigkeitsmerkmale sind Schnelligkeit und eine gedanklich wie auch technische und taktischen Umsetzungskompetenz. Begünstigt durch die Drafts der beiden „Center der Zukunft“ Nico Hischier und Jack Hughes. Bei Ersterem wollte man einen kompletten, intelligenten Center und bekam einen 80-Punkte-Skorer, der in jeder Spielsituation sowohl offensiv wie defensiv Verantwortung übernimmt. Nicht umsonst ist der Schweizer seit 2022 der Captain und das Gesicht der Mannschaft. 

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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